OLG Hamm Urteil vom 25.04.96 AZ: 6 U 142/95
Verkehrsrecht
Haftung des Bewohners eines Reihenhauses bei Brandverletzung eines Nachbarkindes beim „Zündeln“ mit dem auf der Terrasse zurückgelassen Grill und Spiritus.
Orientierungssatz
1. Wenn der Bewohner einer Reihenhausanlage auf seiner Terrasse einen Grill und eine Spiritusflasche zurückläßt, obwohl er damit rechnen muß, daß Nachbarkinder sein Grundstück – unbefugt – betreten, verstößt er gegen allgemeine Verkehrssicherungspflichten. Diese Pflichtverletzung gerät nicht schon deshalb in Wegfall, weil der Grill im Zeitpunkt des – unbeaufsichtigten – Zurücklassens schon erloschen ist und weil unter den (erwachsenen) Bewohnern der Reihenhausanlage die stillschweigende Absprache besteht, die Terrassen der jeweiligen Nachbarn nicht zu betreten (Abgrenzung BGH, 1973-03-20, VI ZR 55/72, VersR 1973, 621).
2. Trägt ein 11-jähriges Kind beim „Zündeln“ mit dem Spiritus schwere Brandverletzungen davon, trifft ihn ein Mitverschulden an dem Unfall, das mit 1/3 zu bewerten ist. Es ist nämlich davon auszugehen, daß das 11-jährige, altersgerecht entwickelte Kind die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht in die durch das Anzünden des Grills mit Hilfe von Spiritus für die ausgehende Gefahr hatte.
3. Dieser Haftungsanteil des Kindes wird nicht durch ein Fehlverhalten seiner Eltern erhöht, wenn kein Sonderrechtsverhältnis besteht und seitens der Eltern auch kein unmittelbarer Unfallbeitrag gesetzt wurde. Auch eine etwaige Verletzung der allgemeinen Aufsichtspflicht begründet keine Haftungseinheit, denn für die Eltern des verletzten Kindes gilt der mildere Haftungsmaßstab des BGB § 1664 Abs 1 BGB.