Urteile Medizinproduktehaftung

OLG Hamm 3. Zivilsenat, 23.02.2000, 3 U 133/99

Medizinrecht

Normen: § 823 Abs 1 BGB, § 847 Abs 1 BGB, § 1 Abs 1 S 1 ProdHaftG, § 1 Abs 4 S 1 ProdHaftG, § 4 Abs 2 ProdHaftG.

Haftung für ein Medizinprodukt: Beweislast bei Vernichtung des Produkts durch dessen Vertreiber; Mitursächlichkeit und angemessenes Schmerzensgeld für Manifestation eines periodischen Beschwerdebilds.

Leitsatz

Verstößt der Vertreiber eines Medizinproduktes gegen seine eigene Aufbewahrungsfrist, indem er das eingesandte Medizinprodukt – hier einen Katheter – vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist vernichtet, so trifft ihn die Beweislast dafür, dass das konkrete Produkt nicht fehlerfrei war. Von einer Mitursächlichkeit für den eingetretenen Schaden ist auch dann auszugehen, wenn sich ein periodisch auftretendes Beschwerdebild durch das schädigende Ereignis manifestiert.

Orientierungssatz

Ist ein fehlerhafter Katheter, der bei der Herstellung einer sog Innenableitung zur Behandlung eines Hydrocephalus internus eingesetzt wurde, mitursächlich für die Manifestation einer bis dahin nur periodischen Eßstörung und für wiederholtes Kopfschlagen, ist angesichts der aufgetretenen und absehbaren Störungen ein Schmerzensgeld von 100.000 DM angemessen. Fundstellen: NJW-RR 2001, 1539-1540 (Leitsatz und Gründe); nachgehend BGH, 24. Juli 2001, Az: VI ZR 183/00; Diese Entscheidung wird zitiert: Literaturnachweise: Joachim Knoche, VersR 2005, 1614-1619 (Aufsatz).

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 31. März 1999 verkündet Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120.000,- DM abwenden, falls nicht der Kläger zuvor Sicherheit in der selben Höhe leistet. Beide Parteien können die Sicherheit auch durch eine unbedingte und unbefristete Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlich rechtlichen Sparkasse erbringen.

Tatbestand

Der am 03.10.1992 geborene Kläger kam als Zwilling nach einer Schwangerschaftsdauer von 28 Wochen mit einem Geburtsgewicht von 790 Gramm zur Welt. Bei ihm entwickelte sich ein Hydrocephalus internus (Wasserkopf bei Erweiterung des Ventrikelsystems). Bis zum 31.10.1994 wurden bei ihm zur Ableitung des Gehirnwassers insgesamt 16 Operationen in der Universitätsklinik M und in der Kinderklinik F in H durchgeführt. Der Chefarzt der kinderchirurgischen Abteilung der Kinderklinik in H, der Zeuge U, legte am 31.10.1994 – bei der 17. Operation – erneut eine sogenannte „innere Ableitung“. Von zwei sogenannten „Rickham Reservoiren“ führte U die beiden Ableitungen mit einem Y-Stück zusammen.

Dieses Y-Stück verband er mit einem Ventil, hinter dem ein sogenanntes „Anti-Siphon-Device“ eingesetzt wurde. Von diesem Anti-Siphon-Device wurde dann eine Verbindung zur Bauchhöhle hergestellt. Dabei wurde ein Katheter verwendet, der von der in der Schweiz ansässigen Firma N hergestellt wurde. Diese war etwa im Jahre 1992 von dem K Konzern übernommen worden. Der Sitz des Konzernes liegt in den USA. Er ist weltweit tätig mit circa 170 Unternehmenstöchtern. Eine dieser Unternehmenstöchter ist die Beklagte, die das Vertriebsunternehmen des Konzerns für den bundesdeutschen Bereich darstellt. Wenige Tage nach der Operation vom 31.10.1994 fiel auf, daß sich die Katheterscheide entlang des Abdomens langsam erweitert hatte. Es bildete sich eine Zyste bis hinauf hinter das linke Ohr des Klägers. Deswegen führte der Zeuge U am 11.11.1994 eine weitere Operation durch. Knapp unterhalb des Anti-Siphon-Device stellte U eine Öffnung im Katheter fest. Die Ursache dieser Öffnung ist zwischen den Parteien streitig. Während der Operation wurde der Katheter unterhalb des Anti-Siphon-Device gegen einen anderen von der Firma N hergestellten Katheter ausgetauscht. In der Folgezeit bildete sich erneut ein Liquorpolster, das eine weitere Operation am 18.11.1994 – wiederum durch den Zeugen U – erforderlich machte.

Bei dieser Operation stellte er fest, daß unterhalb des Anti-Siphon-Device eine Öffnung im Schlauch vorhanden war. Es wurde ein Infekt bei dem Kläger vermutet und statt einer Innen- eine Außenableitung angelegt. Nach Keimfreiheit verlegte U am 12.01.1995 die Ableitung wieder nach innen, und zwar durch Verwendung eines Katheters einer anderen Herstellerfirma. Die am 11. und 18.11.1994 vorgefundenen Katheter übersandte U an die Beklagte zum Zwecke der Untersuchung. Im November 1994 verweigerte der Kläger die Nahrungsaufnahme mit der Folge, daß er über eine Sonde ernährt werden mußte. Im Verlaufe des Krankenhausaufenthaltes retardierte der Kläger in erheblichen Umfang. Darüberhinaus kam es zu wiederholtem Kopfschlagen des Klägers. Mit anwaltlichem Schreiben vom 26.06.1996 an die Beklagte führte der Kläger unter anderem aus, die bei den Operationen am 31.10. und 11.11.1994 verwandten Katheter hätten einen Materialfehler aufgewiesen. Ihm stünden deshalb Schadensersatzansprüche aus § 823 BGB sowie nach dem Produkthaftungsgesetz zu. Durch Schreiben vom 08.07.1996 bestätigte die Beklagte den Erhalt des Schreibens, teilte den Vorfall ihrem Haftpflichtversicherer mit und bat darum, sich zur weiteren Klärung des Falles mit einem Mitarbeiter des Versicherers in Verbindung zu setzen.

Die bei den Operationen am 11. und 18.11.1994 entnommenen Katheter sind der Beklagten übersandt und später von ihr vernichtet worden. Der Kläger hat die Beklagten auf Zahlung eines Schmerzensgeldes -Vorstellung: 100.000,00 DM- und Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz noch entstehender materieller und immaterieller Zukunftsschäden in Anspruch genommen. Er hat behauptet, die bei den Operationen vom 31.10. und 11.11.1994 eingesetzten Katheter der Firma N hätten Materialfehler in Form von Rissen aufgewiesen, bei denen es sich nicht um die vorgefertigten Schlitze im Katheter gehandelt habe. Die fehlerhaften Katheter hätten die Operationen vom 11., 18.11.1994 und vom 12.01.1995 erforderlich gemacht. Infolge der Operationen und des verlängerten Krankenhausaufenthaltes sei es bei ihm zu Eßstörungen gekommen, die eine dauerhafte Sondenernährung verursacht hätten. Folge dieser Operationen sei auch ein Kopfschlagen, daß insbesondere bei dem Gefühl des Alleinseins und weiteren Krankenhausaufenthalten auftrete.

Die Beklagte bestreitet das Vorliegen eines Materialfehlers und behauptet, daß sie Materialfehler bei den am 11. und 18.11.1994 entnommenen und übersandten Katheter -nach Untersuchung- nicht habe festzustellen können. Die festgestellten Löcher seien auf eine fehlerhafte Verwendung der Katheter durch den Zeugen U zurückzuführen, der die Katheter mit dem falschen Ende an den Nippel des Anti-Siphon-Device angeschlossen habe. Der Zeuge U habe das vom ihm angeschlossene Katheterende auch nicht soweit abgeschnitten, daß sämtliche vorgefertigten Schlitze beseitigt worden seien. Durch die noch vorhandenen Schlitze sei es zum Austritt des Liquors gekommen. Bei der Herstellung der Katheter werde ein erheblicher Kontrollaufwand betrieben und die bisherigen Kontrollen hätten keinen Hinweis darauf ergeben, daß ein Produktfehler vorliegen könne.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 100.000,00 DM Schmerzensgeld nebst Zinsen verurteilt und festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche infolge der in der Kinderklinik F in H durchgeführten Operationen vom 11., 18.11.1994 und 12.01.1995 noch entstehenden materiellen und immateriellen Zukunftsschäden zu ersetzen. Im übrigen ist die Klage – wegen des weitergehenden Feststellungsbegehrens – abgewiesen worden. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß der Kläger bewiesen habe, daß die von der Beklagten vertriebenen und bei den Operationen am 11., 18.11.1994 und 12.01.1995 vorgefundenen Katheter fehlerhaft gewesen seien. Hierauf seien die Eßstörungen und das Kopfschlagen bei dem Kläger zurückzuführen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung und beantragt, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen, hilfsweise Vollstreckungsnachlaß. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise Vollstreckungsnachlaß. Die Parteien wiederholen, vertiefen und ergänzen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze mit ihren Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat die Mutter des Klägers und den von der Beklagten gestellten Privatgutachter B angehört, die Zeugen U, E1, Q1 und Q2 vernommen und den Sachverständigen E2 sein schriftliches Gutachten erläutern lassen. Insoweit wird auf den Vermerk des Berichterstatters zum Senatstermin vom 23. Februar 2000 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung bleibt ohne Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend und mit überzeugender Begründung eine Haftung der Beklagten bejaht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst gem. § 543 Abs. 1 ZPO auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Auch durch die erneute Beweisaufnahme vor dem Senat sind diese Gründe nicht erschüttert worden. Der Anspruch auf Ersatz des materiellen und inmateriellen Schadens ergibt sich aus den §§ 823 Abs. 1, 847 BGB.

I.    Die von der Beklagten vertriebenen und bei den Operationen am 11., 18.11.1994 und 12.01.1995 vorgefundenen Katheter waren fehlerhaft. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest. Auch vor dem Senat hat der Zeuge U glaubhaft bekundet, daß er unregelmäßig verlaufene Risse bei den in Rede stehenden Operationen an den Kathetern vorgefunden habe. Daß U diese Risse mit den vorgefertigten Schlitzen verwechselt haben könnte, schließt der Senat aus. Zum einen ist dieser Zeuge als Chefarzt mit umfangreicher Operationserfahrung auf dem Gebiet der Drainierung des Hydrocephalus internus in der Lage, diese Differenzierung zu treffen. Zum anderen hat der Zeuge Q2 das einfache und eine Verwechslung ausschließende Unterscheidungsmerkmal damit begründet, daß die Rissbildung quer und nicht längs (so die Lage der vorgefertigten Schlitze) erfolgt sei. Der Senat ist von der Glaubwürdigkeit beider Kinderchirurgen überzeugt. Wenn U, wie die Beklagte behauptet, daß geschlitzte Ende tatsächlich nicht vollständig abgeschnitten und damit einen Behandlungsfehler begangen hätte, dann wäre die zweimalige Übersendung der Katheter mit dem Hinweis auf einen Materialfehler nicht nachvollziehbar. Als erfahrenem Chefarzt wäre ihm dieser -unterstellte- Umstand nicht verborgen geblieben.

In einer solch eindeutigen Situation einen Materialfehler zu rügen, hätte beim Hersteller oder Betreiber wegen der Aussichtslosigkeit dieser Rüge nur Erstaunen auslösen können. Die Bekundungen und Feststellungen des U werden nicht durch die Aussagen der Zeugen E1 und Q1 erschüttert. Der Zeuge E1 hat – nachvollziehbar- keine konkreten Erinnerungen an den Zustand der eingesandten Katheter, sondern konnte nur auf die von ihm unterzeichneten Berichte vom 29.06. (Bl. 2 des grünen Anlagenbandes) und 05.10.1996 (Bl. 16 des grünen Anlagenbandes) Bezug nehmen. Den Bericht vom 05.10.1996 hat der Zeuge, wie er im Senatstermin bestätigt hat, nur mitunterzeichnet. Eigene Untersuchungen hat er hierzu nicht gemacht.

Der Zeuge Q1 will sich jedoch an den Zustand des von ihm untersuchten Katheters genau erinnern. Eine Erklärung für dieses außergewöhnliche Erinnerungsvermögen hat der Zeuge Q1 nicht gegeben. Zudem bleiben Zweifel, ob die von diesen Zeugen untersuchten Katheter mit denjenigen identisch sind, die U bei den Operationen am 11. und 18.11.1994 vorgefunden hat. Der Zeuge E1 hat zwar bestätigt, daß die Identität wegen der beigefügten Mängelrügen und Operationsberichte nachvollziehbar gewesen sei (Seite 3 des Protokolls vom 22.01.1999, Bl. 251 der Akten). Eine Verwechslung ist aber für den Senat nicht ausgeschlossen, zumal die in den Berichten vom 29.06. und 05.10.1995 beschriebenen Feststellungen auch in anderen Fällen gerügt worden sind (so der Zeuge E1, Kammertermin am 22.01.1999, Bl. 251 der Akten).

Durch die Angaben in den Berichten wird eine Verwechslung auch deshalb nicht ausgeschlossen, weil dort weder der Untersuchungstag noch angegeben worden ist, warum die Untersuchungsberichte bei einem Vorwurf der hier in Rede stehenden Art erst sieben bzw. elf Monte später gefertigt worden sind. Letzteres gilt insbesondere für eine Untersuchung, die, wie die Zeugen E1 und Q1 bestätigt haben und wie den Berichten zu entnehmen ist, keinen großen technischen oder zeitlichen Aufwand beanspruchten. Die Zweifel, die der Senat an der Richtigkeit der Bekundungen der Zeugen E1 und Q1 hegt, können nicht mehr durch eine Inaugenscheinnahme und Begutachtung der bei den Operationen am 11. und 18.11.1994 vorgefundenen Katheter ausgeräumt werden. Dies wirkt sich aus den vom Landgericht dargestellten Gründen zu Lasten der Beklagten aus.

Die Beklagte hat zudem gegen ihre eigenen Grundsätze verstoßen und bei der Vernichtung das Minimum von einem Jahr nicht eingehalten. Wie der Zeuge E1 im Kammertermin vom 22.01.1999 bestätigt hat, rechnet die Aufbewahrungsfrist von einem Jahr ab dem Datum, an dem der Untersuchungsbericht unterzeichnet worden ist. Die Untersuchungsberichte sind am 29.06. und 05.10.1995 unterzeichnet worden. Die Anmeldung der Ansprüche wegen der in Betracht kommenden Materialfehler datieren vom 26.06.1996 (Bl. 264 der Akten) und ist der Beklagten spätestens am 08.07.1996 zugegangen, wie sich dem Bestätigungsschreiben mit diesem Datum (Bl. 268 der Akten) entnehmen läßt. Hinzu kommt, daß durch eine einfache Anfrage bei dem Einsender U oder bei den Eltern des Klägers die Frage des Verbleibs der Katheter leicht hätte geklärt werden können.

II.    Auch nach Auffassung des Senats beruht die von dem Zeugen U festgestellte Fehlerhaftigkeit auf einem fahrlässigen Verhalten des Hersteller, die Verschuldensvermutung hat die Beklagte nicht widerlegt. Die Beklagte hat zwar (Sachverständigen-) Beweis dafür angetreten, daß ihr weder ein Produktions- noch ein Produktionsüberwachungsfehler unterlaufen sei. Die Untersuchungen eines Sachverständigen könnten sich aber nicht mehr auf die tatsächlich und konkret eingesetzten Katheter, sondern nur auf ein vergleichbares Modell beziehen. Damit wäre die Verschuldungsvermutung für die Fehlerhaftigkeit der in Rede stehenden Katheter nicht widerlegt. Allein eine Inaugenscheinnahme und Begutachtung der verwandten Katheter hätten Rückschlüsse darauf zulassen können, ob ein Fabrikations-, Konstruktions- oder Produktionsfehler auszuschließen wäre.

Mag das Herstellungs- und Überwachungsverfahren bei Modellen dieser Art grundsätzlich eingehalten werden, so bedeutet dies nicht zwingend, daß die daraus gewonnenen Erkenntnisse auf die nicht mehr vorhandenen Katheter zu übertragen sind. Die zur Widerlegung der Vermutung erforderlichen Erkenntnisse hätten zur Überzeugung des Senats nur dann gewonnen werden können, wenn die Katheter nicht vernichtet worden wären. Dabei verkennt der Senat nicht, daß das Vorgehen des Zeugen U der Bedienungsanleitung widersprach, wonach das abgeschrägte Ende der Katheter hätte abgeschnitten werden sollen. Diese Vorgehen war jedoch begründet. In der Beurteilung dieses Behandlungsgeschehens macht sich der Senat auch die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen E2 zu eigen. Danach lag der Grund für das Abschneiden des Katheterendes mit den Schlitzen darin, daß das Einwachsen von Gewebe in die Schlitze verhindern werden sollte. Dieses Vorgehen wird auch von dem Privatgutachter B nicht beanstandet, sondern für regelrecht gehalten.

III.    Die am 11., 18.11.1994 und am 12.01.1995 vorgefundenen Komplikationen und dadurch bedingten Operationen haben ihre Ursache auch in den fehlerhaften Kathetern. Daß die subkutanen Ergüsse durch die defekten Katheter verursacht worden sind, hat der Sachverständige E2 überzeugend dargelegt. Auch nach Auffassung des Privatgutachters B sprechen für diesen Ursachenzusammenhang starke Verdachtsmomente. Die zwei weiteren von dem Privatgutachter B für möglich gehaltenen Ursachen (Infektion im Bauchraum und fehlende Resorbierung sowie eine Infektion im Anti-Siphon-Device selbst) konnten ausgeschlossen werden. Anhaltspunkte für Symptome im Bauchraum hätten, so der Sachverständige E2, nicht bestanden, der Bauchraum sei, so U unauffällig gewesen. Wenn eine Infektion im Anti-Siphon-Device den Erguß verursacht hätte, dann hätte der Liquor oberhalb des Anti-Siphon-Device, so E2 in Übereinstimmung mit B und den U und Q2, austreten müssen. Der Liquor sei aber, so U, wie auch den Operationsberichten vom 11. und 18.11.1994 zu entnehmen ist, unterhalb des Anti-Siphon-Device ausgetreten.

Da die tatsächlichen Grundlagen für alternative Ursachen ausgeschlossen werden konnten, kommt auch nach Auffassung von B, der als Neurochirurg an der Universitätsklinik H tätig ist, eine andere Ursache als ein defekter Katheter -sei es nun ein Schlitz oder ein Riß- nicht in Betracht. Der Einholung eines weiteren – neurochirurgischen – Gutachtens bedurfte es nicht. Auch nach Auffassung des Senats sind die Eßstörungen, die dadurch bedingte Sondenernährung und das Kopfschlagen des Klägers auf die Operationen vom 11., 18.11.1994 und vom 12.01.1995 zurückzuführen. Die Operationen sind zwar nicht monokausal für die Eßstörungen des Klägers. Als einzige Ursache würde ihn das, so der Sachverständige E2, erstaunen. Monokausalität ist allerdings nicht erforderlich, es genügt der Nachweis der Mitursächlichkeit (vgl. Steffen/Dressler, Arzthaftungsrecht, 8. Aufl. 1999, Rndr. 513 a). Diese Mitursächlichkeit ist zur Überzeugung des Senats nachgewiesen. Vor den Operationen haben bei dem Kläger periodische Eßstörungen bestanden, nach den Operationen traten diese Eßstörungen dauerhaft auf und haben bis jetzt angehalten. Die Eßstörungen und das Kopfschlagen sind dauerhaft und massiv im November 1994 aufgetreten. Dieser zeitliche Zusammenhang zeigt schon den Ursachenzusammenhang. Die Eßstörungen haben sich, wie es der Sachverständige E2 überzeugend dargelegt hat, durch die Operationen manifestiert. Dabei habe bereits eine Operation zur Manifestation des Beschwerdebildes ausgereicht.

Angesichts der aufgetretenen und absehbaren Störungen hält der Senat den zuerkannten Schmerzensgeldbetrag von 100.000,00 DM -mindestens- für angemessen. Das Feststellungsbegehren ist wegen der umfassenden Haftung der Beklagten im Hinblick auf die materiellen und die derzeit nicht absehbaren immateriellen Schäden begründet. 6. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 108, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Das Urteil beschwert die Beklagte mit mehr als 60.000,00 DM.