Urteile Medizinproduktehaftung

OLG Hamm 19. Zivilsenat, 17.12.2002, 19 U 43/01

Medizinrecht

Normen: § 823 Abs 1 BGB, § 823 Abs 2 BGB, § 1 ProdHaftG

Produkthaftung: Haftung des Futtermittelherstellers wegen Verendens von Milchkühen infolge der Lieferung toxischen Kraftfutters sowie Reduzierung des Milchfettgehalts infolge unzureichender Hefebeimischung.

Orientierungssatz

Behauptet ein Landwirt, Hochleistungsmilchkühe seien infolge einer toxischen Verunreinigung des gelieferten Zusatzfutters an Botulismus erkrankt und sodann verendet, muss er im Rahmen einer Schadensersatzklage gegen den Futtermittelhersteller u.a. aus Produkthaftung darlegen und beweisen, dass verseuchtes Futter geliefert worden ist, der Schaden hierauf beruht, und jegliche Schadensursache, die in seiner Sphäre liegt, ausgeschlossen ist. Die Grundsätze des Anscheinsbeweises greifen nicht ein, wenn nicht feststeht, dass das Futter bereits bei der Auslieferung Toxine enthielt, vielmehr nicht auszuschließen ist, dass die Schadstoffe auch über das vom Geschädigten selbst hergestellte Grundfutter oder auf sonstige Weise in das dann verfütterte Futter gelangtsind. Macht der Landwirt darüber hinaus geltend, durch eine unzureichende Beimischung von Lebendhefe in das Futter sei eine Reduzierung der Milchleistung, insbesondere des Fettgehalts der Milch verursacht worden, kommt eine Haftung des Futtermittelherstellers nicht in Betracht, wenn auf Grund der Feststellungen von Sachverständigen bewiesen ist, dass dem Hefegehalt im Futter keinerlei ursächliche Bedeutung für die Einbußen im Milchfettgehalt zukommt.

Fundstellen: AUR 2003, 194-196 (red. Leitsatz und Gründe)

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 31. Januar 2001 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Wegen des Sachverhalts wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Durch Urteil vom 31. Januar 2001 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe nicht bewiesen, daß der Tod der Rinder auf ein fehlerhaftes Futter der Beklagten oder eine fehlerhafte Fütterungsberatung durch den Zeugen F zurückzuführen sei. Weiterhin habe der Kläger nicht bewiesen, daß eine Leistungsminderung seiner Milchkühe auf einer fehlerhaften Futtermittellieferung der Beklagten beruhe. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein Prozeßziel aus erster Instanz weiter verfolgt. Er macht geltend, alle 16 Tiere seien zwischen dem 29. März und dem 5. April 1998 auf die gleiche Weise unter Auftreten der gleichen Symptome eingegangen, und zwar an Botulismus, einer Vergiftung mit Leichengift. Dieses Gift müßten die Rinder mit der von der Beklagten gelieferten Nahrung aufgenommen haben. Andere denkbare Ursachen seien auszuschließen. Das Wasser, das die Tiere getrunken hätten, stamme aus einem Brunnen mit einer Tiefenbohrung von 72 m, aus dem die gesamte Wasserversorgung des Hofes für Mensch und Tier gespeichert werde. Das daraus gewonnene Wasser werde seit jeher von dem staatlichen Untersuchungsamt geprüft und habe noch nie zu Beanstandungen geführt. Als Verursacher des Verendens der Tiere käme demnach nur das Futter in Frage. Während des hier maßgeblichen Zeitraumes hätten die Kühe Fremdfutter ausschließlich von der Beklagten bekommen. Da das Grundfutter wie Gras, Mais, Möhren, Biertreber alle Tiere auf dem Hof des Klägers, also nicht nur die Hochleistungskühe, sondern auch die normalen Milchkühe, bekommen hätten, die normalen Kühe aber nicht erkrankt seien, scheide das Grundfutter als Verursacher aus. Es bliebe also nur das von der Beklagten gelieferte Zusatzfutter. Die Hochleistungsmilchkühe des Klägers fräßen dieses Zusatzfutter, das ausschließlich die Beklagte geliefert habe, aus einer zentralen Futterschüssel. Die Futterschüssel werde bei jeder Kuh individuell mittels einer Transportsteuerung aus einem speziellen Futtersilo gespeist. In dieses Silosystem, das im einzelnen näher beschrieben wird, habe kein anderes Tier eindringen, dort verenden und sich Leichengift entwickeln können. Dafür spreche auch folgendes: Beim Absaugen des Silos am 31.03.1998 – diese Entleerung sei extra wegen der massiven Erkrankung der Tiere erfolgt – sei dieser sauber und leer gewesen. Der Kläger und der Zeuge L2 hätten den gesamten Silo ausgeleuchtet. Sie hätten kein Verwesungsbett finden können. Eine Katze scheide als Verursacher mäusetoxischer Substanzen aus. Auch seien keine Mäuse auf dem Feld mitgeerntet worden. Gleichfalls sei ausgeschlossen, daß der Botulismus durch Mohrrüben hervorgerufen sei. Ebenfalls scheide Mineralfutter als Infektionsquelle aus. Auch die Nutzung des Futter-Mischwagens habe mit der tödlich verlaufenden Infektion nichts zu tun. Die verendeten Tiere auf dem Hof des Klägers seien auch nicht manuell versorgt worden. Zwar seien von dem am 24.03.1998 gelieferten Kraftfutter rund 300 kg in einen anderen Silo geblasen worden. Dieser Silo sei auch am 31.03.1998 geleert worden. Die 300 kg seien oben auf das bereits in diesem Silo befindliche Futter geblasen worden. Es sei noch nicht bis unten in den Auslauf gelangt und damit zu den normalen Milchkühen vorgedrungen, die ihr Futter aus diesem Silo abriefen. Deshalb sei auch keines dieser Tiere an Botulismus erkrankt. Es bestehen ein ganz enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen den Anlieferungen des Kraftfutters am 24.03.1998 und dem Auftreten der Vergiftungserscheinungen an den nachfolgenden Tagen, beginnend mit dem 29.03.1998. Dies entspreche der typischen Inkubationszeit bei Botulismusvergiftungen. Ein derart enger, zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen Schadenseintritt und Vornahme einer Handlung, die geeignet sei, den eingetretenen Schaden herbeizuführen, begründe einen Anscheinsbeweis zugunsten des geschädigten Klägers. Aufgrund dessen hafte die Beklagte gem. § 1 Produkthaftpflichtgesetz, § 823 Abs. 1 BGB, §§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. dem Futtermittelgesetz und der Futtermittelverordnung sowie aus pVV des Kaufvertrages. Soweit Freistellung von Rückforderungsansprüchen der Tierseuchenkasse verlangt werde, beruhe dies darauf, daß die Tierseuchenkasse des Landes Nordrhein-Westfalen die Entschädigungsleistung an den Kläger unter Vorbehalt geleistet habe. Er müsse die Entschädigungsleistung zurückerstatten, wenn für den konkreten Schadensfall Ersatz von einem Dritten verlangt werde. Darüber hinaus liege sein Schaden aber auch darin, daß durch das Verenden der Kühe die Milchproduktion im Jahre 1998 zurückgegangen sei. Im Hinblick auf den Leistungsabfall der Kühe hinsichtlich der Milchproduktion/Minderung des Milchfettgehaltes trägt der Kläger vor: Im Mai1998 habe er auf Anraten des Tierarztes Dr. T eine Umstellung der Fütterung vorgenommen, und zwar nach einer Rezeptur wie auf Bl. 224 GA näher dargelegt wird. Diese Hausmischung Dr. T, die erstmals am 25.05.1998 bei der Beklagten bestellt worden sei, hätten alle Milchkühe gleichermaßen bekommen. Der einzige Unterschied habe darin bestanden, daß an die Hochleistungsmilchkühe größere Mengen gefüffert worden seien. Bis zum 26.06.1998 habe der Kläger selbst die Zusatzstoffe Algenkalk und Naturalvit als lebende Hefe besorgt und der neuen Futtermischung beigemischt. Ab dem 26.06.1998 habe dann die Beklagte die Beschaffung der Zusatzstoffe Naturalvit und Algenkalk übernommen. Seitdem habe das Mischungsverhältnis nicht mehr gestimmt. Die Beklagte habe nach ihrem eigenen Vortrag nur 1,5 % Hefe zugegeben. In Wirklichkeit seien aber überhaupt keine lebenden Hefestämme untergemischt worden. Im August/September 1998 sei dann der auffällige Abfall in der Leistung der Milchkühe eingetreten, insbesondere sei der Fettgehalt der Milch zurückgegangen. Es seien dann Proben vom Futter genommen worden. Dabei habe sich herausgestellt, daß aufgrund eines Versehens eines Mitarbeiters der Beklagten immer nur 1,5 % Algenkalk hinzugefügt worden seien und Lebendhefe sich überhaupt nicht habe nachweisen lassen. Eine Untersuchung der Futtermittelproben durch das Untersuchungszentrum N der Landwirtschaftskammer Westfalen Lippe habe keinerlei Anteil von Hefe erbracht. Das von der Beklagten gelieferte Futter sei mangelhaft gewesen, die damit gefütterten Milchkühe des Klägers hätten Ernährungsstörungen erfahren. Wäre dem Futter von Anfang an ein Anteil von Algenkalk und lebenden Hefestämmen von jeweils 2,5 % beigemischt gewesen, so wäre es nicht zu den Ernährungsstörungen und damit zu den Minderleistungen der Milchkühe gekommen. In diesem Zusammenhang rügt der Kläger die Beweiswürdigung des Landgerichts. Dieses hätte dem Sachverständigen Prof. Dr. C mündlich anhören müssen und sich zudem mit dem Gutachten von Frau Prof. Dr. H und Dr. X auseinandersetzen müssen. Die Ausführungen des Sachverständigen C seien unzutreffend. Nach den Darlegungen von Prof. Dr. H sei im vorliegenden Fall zusätzlich zu beachten, daß Weizen und Mais im Jahre 1998 in erhöhtem Umfang durch Mykotoxine belastet gewesen seien, und zwar in einem Ausmaß, das die Toleranzwerte um ein Vielfaches überstiegen hätte. Dies habe ein Futtermittelhersteller prüfen und die Belastung mit entgegenwirkenden Zusatzstoffen ausgleichen müssen. Die Beklagte habe aber weder das eine noch das andere getan. Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Münster vom 31.01.2001 die Beklagte zu verurteilen, die Kläger von dem Rückforderungsanspruch der Tierseuenkasse in Höhe von 49.181,32 DM freizustellen, an die Kreissparkasse C4 100.000,– DM und weitere 40.231,23 DM nebst 11,5 % Zinsen aus 140.231,23 DM seit dem 19.12.1998 zu zahlen. Die Beklagte stellt den Antrag, die gegnerische Berufung zurückzuweisen; es ihr zu gestatten, eine Sicherheitsleistung nach § 711 ZPO auch durch Bürgschaft einer Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu erbringen. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie macht hinsichtlich des Verendens der 16 Kühe geltend, vertragliche Ansprüche seien verjährt. Die Voraussetzungen des Produkthaftpflichtgesetzes seien nicht erfüllt. Auch Ansprüche aus den §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. den Vorschriften des Futtermittelgesetzes seien nicht gegeben. Es sei schon fraglich, ob auch nicht insoweit Verjährung eingreife. Jedenfalls habe die Klägerin weder Fehler, noch Schaden, noch die Ursächlichkeit des Fehlers für den Schaden dargelegt. Im übrigen bestreitet die Beklagte, daß die Tierseuchenkasse Rückgriff nehmen wolle. Auch sei die Todesursache nicht hinreichend geklärt. Daß es sich insoweit um Botulismus handele, könne keinesfalls als erwiesen angesehen werden. Die Beklagte bestreitet, daß das von ihr gelieferte Futter mit Botulismus infiziert gewesen sei. So sei nur ein verendetes Tier des Klägers untersucht worden. Durch den Einsatz moderner Erntegeräte könnten auch Mäuse ins normale Grundfutter gelangen. Sie bestreitet, daß äußere Einwirkungen als Übertragungsweg ausschieden – so könne z. B. Wasser Ursache des Verendens der Tiere gewesen sein. Weitere Ursachen könnten in den von dem Kläger für das normale Futter zugekauften Mohrrüben, Biertreber oder in dem Mineralfutter liegen. Weiterhin komme auch der zunächst der von dem Kläger eingesetzte Futtermischwagen als Quelle in Betracht. Wesentliches Indiz dafür, daß das Futter fehlerfrei gewesen sei, sei, daß bei anderen Abnehmern des Futters keine Probleme entstanden seien. Tiere anderer Landwirte, die mit diesem Futter gefüttert worden seien, seien weder erkrankt noch verendet. Darüber hinaus habe der Kläger selbst nicht behauptet, daß in den Proben, die er aus dem Futter gezogen und habe untersuchen lassen, Botulismustoxine nachgewiesen worden seien. Es sei ausgeschlossen, daß eine Maus vor oder während der Verarbeitung bei der Beklagten in das Futter gelangt sei. Erst recht sei ausgeschlossen, daß sich in dem gelieferten Futter Botulismustoxine bildeten. Abschließend bestreitet die Beklagte den geltend gemachten Schaden auch der Höhe nach. Hinsichtlich der Milchminderleistung der Kühe sowie des geringeren Milchfettgehaltes bestreitet die Beklagte, daß das von ihr gelieferte Futter hierfür ursächlich gewesen sei. Die Anteile von Algenkalk und Naturalvit hätten immer 1,5 % ausgemacht. Das habe auch der Sachverständige Prof. Dr. C in seinem Gutachten bereits festgestellt. Es stimme nicht, daß dem Futter überhaupt keine lebenden Hefestämme beigefügt gewesen seien. Selbst wenn das aber der Fall gewesen wäre, könne der Milchleistungsabfall der Kühe nicht darauf zurückgeführt werden. Letztlich sei die Hausmischung Dr. T für den geringeren Fettgehalt der Milch verantwortlich. Die Gesamtzusammenstellung des Futters und insbesondere der hohe Weizenanteil in der Hausmischung Dr. T hätten zu einer Übersäuerung des Panseninhaltes geführt und zu den vom Sachverständigen beschriebenen Folgen. Letztlich bestreitet auch hier die Beklagte die Höhe des geltend gemachten Schadens. Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen C2, C6, C3, T2, N2, F und Dr. T. Weiterhin hat der Senat ein schriftliches Gutachten von Prof. Dr. L eingeholt und die Prof. Dr. C und Dr. L mündlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Berichterstattervermerke der mündlichen Verhandlungen vom 11.12.2001 und vom 17.12.2002 Bezug genommen, sowie auf das schriftliche Gutachten von Prof. Dr. L vom 07.07.2002. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sein Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Berufung mußte daher zurückgewiesen werden. Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte (§§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB, Produkthaftpflichtgesetz, Gewährleistung, pVV des Kaufvertrages) zu. Er hat nämlich nicht bewiesen, daß gerade das von der Beklagten gelieferte Futter zum Verenden der 16 Hochleistungsmilchkühe bzw. zu der Milchminderleistung, insbesondere zum Rückgang des Fettgehaltes in der Milch geführt hat. Zutreffend ist zwar die prozessuale Rüge des Klägers, das Landgericht hätte den Sachverständigen Prof. Dr. C zu seinem schriftlichen Gutachten mündlich anhören müssen. Das gilt um so mehr, als der Kläger nach Erstattung des Gutachtens durch Prof. Dr. C die Stellungnahmen von Frau Prof. Dr. H und Dr. X zu den Akten gereicht hat. Dieser prozessuale Mangel wird jedoch dadurch bereinigt, daß der Sachverständige zur Erläuterung seines Gutachtens zur mündlichen Verhandlung vor den Senat geladen und dort gehört worden ist. Von der beantragten Ladung der beiden eben genannten Sachveständigen (Prof. Dr. H, Dr. X) hat der Senat abgesehen. Beide kommen als gerichtliche Sachverständige nicht in Betracht, da ihre zu den Akten gereichten Stellungnahmen als Privatgutachten für den Kläger zu bewerten sind. Darüber hinaus kam auch ihre Ladung als sachverständige Zeugen nicht in Betracht. Beide sind bisher ausschließlich gutachterlich tätig geworden. Von dem hier zu beurteilenden Sachverhalt haben sie selbst nichts mitbekommen und können daher nur das, was ihnen der Kläger berichtet hat, gutachterlich auswerten. Daß sie eigene Bekundungen zum konkerten Geschehensablauf hätten machen können, ist nicht ersichtlich. Der in erster Instanz gegen den Sachverständigen Prof. Dr. C erhobene Befangenheitsantrag ist rechtskräftig zurückgewiesen worden. Verenden der 16 Rinder Der Kläger macht im Berufungsrechtszuge jetzt nicht mehr wie in erster Instanz geltend, das Verenden der Tiere beruhe auf einer fehlerhaften Futtermischung. Er beruft sich jetzt auf eine toxische Verunreinigung des Futters, die bei den Rindern zu Botulismus geführt hätte. Davon, daß die Rinder an Botulismus eingegangen sind, ist der Senat überzeugt. Insoweit hat schon der Sachverständige Prof. Dr. C als die wahrscheinlichste Erklärung für den Tod der Tiere angesehen, auch wenn nur eines von ihnen obduziert worden ist. Die gleichartigen Symptome und die Inkubationszeit sprechen hinsichtlich aller verendeten Tiere für Botulismus. Hinsichtlich aller Anspruchsgrundlagen hat der Kläger den Beweis zu führen, daß mangelhaftes Futter geliefert worden ist, der geltend gemachte Schaden hierauf beruht und jegliche Schadensursache, die in seiner Sphäre liegt, ausgeschlossen ist. Insoweit meint der Kläger, für ihn spräche der sogenannte Anscheinsbeweis dahingehend, daß die Beklagte toxisch verunreinigtes Futter geliefert habe. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Der Anscheinsbeweis setzt einen typischen Geschehensablauf voraus, erfordert also die Feststellung eines Sachverhaltes, der nach der Lebenserfahrung auf einen bestimmten Verlauf und eine bestimmte Ursache hinweist. Bei solchen typischen Geschehensabläufen kann von einer feststehenden Ursache auf einen bestimmten Erfolg oder von einem feststehenden Erfolg auf eine bestimmte Ursache geschlossen werden. Die Annahme eines für den Anscheinsbeweis typischen Geschehensablaufes erfordert die Feststellung eines allgemeinen Erfahrungssatzes als einer aus allgemeinen Umständen gezogenen tatsächlichen Schlußfolgerung, die dann auf den festgestellten konkreten Sachverhalt angewendet werden kann (BGH NJW 1984, 432 ; 1987, 1694). Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 87, 1694) gibt es zwar Fälle, in denen nach der Lebenserfahrung die Annahme naheliegt, daß ein bestimmter Schaden durch einen Produkt- oder Herstellungsfehler ausgelöst worden ist. Dies gilt jedoch im allgemeinen nur dann, wenn eine nachträgliche Produktveränderung faktisch ausgeschlossen ist oder – etwa bei neuen Geräten – wenigstens keinerlei Anhaltspunkte für eine zwischenzeitliche Veränderung bestehen oder wenn nach dem Gebrauch von Nahrungsmitteln, Medikamenten etc. bei verschiedenen Verwendern des Produktes an mehreren Stellen gleiche oder ähnliche Schäden auftreten, z. B. bestimmte Infektionskrankheiten. Im vorliegenden Falle hat die Beklagte vorgetragen, daß im März 1998 insgesamt 27.220 kg Futter mit der Bezeichnung G + ausgeliefert worden sei (siehe Aufstellung Bl. 543 GA). Bei keinem der anderen belieferten Landwirte seien aber Erkrankungen aufgetreten. Dem ist der Kläger nicht entgegen getreten. Die Regeln des Anscheinsbeweises helfen einem Produktgeschädigten für den Nachweis, daß der Hersteller ein Produkt fehlerhaft hergestellt hat, zudem grundsätzlich dann nicht, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß der gefahrbringende Zustand erst entstanden ist, nachdem das Produkt den Herstellungsbetrieb bereits verlassen hat. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt nur dann in Betracht, wenn ein festgestellter Schaden z. B. eine bestimmte Erkrankung von Menschen oder Tieren mehrere Ursachen haben kann, aber nur für eine dieser Ursachen konkrete Anhaltspunkt vorliegen. In derartigen Fällen kann der Beweis des ersten Anscheins für diese Ursache sprechen. Dafür, daß das in den Betrieben der Beklagten hergestellte Futter bereits bei Auslieferung einen Schadstoff enthielt, könnte dann ein konkreter Anhaltspunkt bestehen, wenn der die Erkrankung der Rinder auslösende Fehler im gelieferten Kraftfutter eindeutig selbst hätte festgestellt werden können – was nicht erfolgt ist – und davon ausgegangen werden könnte, daß der Krankheitserreger normalerweise im Bereich eines Landwirts nicht vorkommen kann, dagegen aber im Produktionsbereich der Beklagten. Auch dies hat der Kläger nicht bewiesen. Der vom Senat erneut angehörte Sachverständige Prof. Dr. C konnte die Möglichkeit nicht ausschließen, daß die Toxine auch über das Grundfutter, das der Kläger selbst beigestellt hat, in das dann verfütterte Futter gelangt ist. So sei die Möglichkeit durchaus gegeben, daß Toxine über die zugekauften Mohrrüben sowie anderes zugekauftes Futter oder auch über das verfütterte Heu die Gesundheit der Tiere beeinträchtigt haben. Auch aus der Aussage der vernommenen Zeugen konnte der Senat nicht die Überzeugung gewinnen, daß die Giftstoffe nicht im Grundfutter enthalten waren. Dazu hätte es einer genauen Untersuchung dieses Futter auf verendete Kleinsttiere durch die Zeugen bedurft, was natürlich nicht geschehen ist. Zwar ist nach der Darstellung des Sachverständigen auch nicht mit letzter Sicherheit auszuschließen – wenn auch unwahrscheinlich -, daß in dem industriell bei der Beklagten hergestellte Hochleistungsfutter die Ursache für das Verenden der Tiere liegen kann. Dadurch hat der Kläger aber nicht eine aus seiner Sphäre stammende Ursachenkette ausgeschlossen, so daß es bei der normalen Beweislastverteilung bleibt. Den Beweis, daß das von der Beklagten gelieferte Hochleistungsfutter verseucht war, hat der Kläger aber auch nicht geführt, da ja durchaus die Möglichkeit verbleibt, daß die Verseuchung aus seiner Sphäre stammt. Zutreffend ist insoweit auch bereits das Landgericht aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. C davon ausgegangen, daß der Kläger nicht bewiesen hat, daß die Toxine allein über das von der Beklagten gelieferte Futter in die Tiere gelangt sind – auch wenn diese Frage im ersten Rechtszug nur am Rande eine Rolle gespielt hat, weil es dort in erster Linie um die Behauptung des Klägers ging, daß ein überhöhter Einweißanteil im Futter Ursache des Verendens der Rinder gewesen sei. Ein weiterer Aufklärungsversuch ist nicht geboten, da der notwendige Beweis seitens des Klägers nicht zu führen ist. Rückstellproben des Kraftfutters und des Grundfutters sind nicht mehr vorhanden. 15 der verendeten Tiere sind nicht obduziert worden. Auch die Stellungnahme des Privatgutachters des Klägers, Prof. Dr. C5, vom 07.04.2002 gibt keinen Anlaß zu weiteren Untersuchungen. Prof. Dr. C5 spricht selbst davon, daß eine eindeutige Stellungnahme nicht mehr möglich sei. Sein Resume, es sei für ihn sehr wahrscheinlich, daß die Ursache des Verendens der Tiere im Kraftfutter liege und diese Möglichkeit nicht nur theoretischer Natur sei, reicht nicht aus. Zudem müßten auch nach den Ausführungen von Prof. Dr. C5 notwendigerweise an die 10 epidemiologischen Zusammenhänge aufgeklärt werden, was heute kaum noch möglich ist. Hinzu kommt, daß die entgegenstehenden Umstände – keine Tiere anderer Landwirte sind durch das Kraftfutter beeinträchtigt worden, der Kläger hat nicht auszuschließen vermocht, daß die Ursache des Verendens auch aus seiner Sphäre stammen könnte – nicht außer Acht gelassen werden dürfen und in die Gesamtwürdigung mit einzubeziehen wären. Danach fehlt es an jeglicher Grundlage für eine weitere ergänzende Begutachtung. Zutreffend ist das Landgericht auch davon ausgegangen, daß der Kläger nicht bewiesen hat, daß eine Beimischung von nur 1,5 % Lebendhefe anstelle von geforderten 2,5 % in dem von der Beklagten verkauften und vom Kläger verfütterten Futter zu einer Reduzierung der Milchleistung, insbesondere zu einer Reduzierung des Fettgehaltes der Milch geführt hat. Dies steht ebenfalls aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. C fest, das dieser in der ersten mündlichen Verhandlung vor dem Senat erläutert hat. Selbst wenn dem Futter durch die Beklagte überhaupt keine Lebendhefe beigemischt worden wäre – wie der Kläger behauptet – ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Der Sachverständige hat ausgeführt, daß eine steigernde Wirkung lebender Hefe auf die Gesundheit und Leistung der Kühe wissenschaftlich nicht bewiesen sei. Die Annahme direkter Beziehungen zwischen der Höhe des Hefezusatzes und dem Fetteghalt der Milch sei spekulativ, da es für einen Einfluß der Hefe auf das Muster der im Pansen gebildeten kurzkettigen Fettsäuren keinerlei Belege gebe. Es sei vielmehr wahrscheinlich, daß der von dem Tierarzt Dr. T vorgegebene unübliche hohe Weizenanteil von ca. 85 % das Risiko des Abfallens des Fettgehaltes der Milch erhöht habe. Dafür sei auch anzuführen, daß der Milchleistungsabfall nicht gleich nach der Umstellung des Futters Anfang Juni 1998 eingetreten sei, sondern erst 3 Monate nach Verabreichung dieses Futters. Vielmehr spreche alles dafür, daß ein anderer Faktor aufgetreten sei, der bei einigen Kühen den zeitweiligen Abfall im Fettgehalt der Milch ausgelöst habe. Dieses Ergebnis wird bestätigt durch das zusätzlich vom Senat zu dieser Frage eingeholte schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. L, der sein Gutachten in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat ebenfalls erläutert hat. Dieser Sachverständige führte überzeugend aus, daß bereits im Juni 1998 ein deutlicher Trend zur Reduzierung der Milchfettgehaltes zu beobachten gewesen sei, aber erst danach das streitgegenständliche Futter zum Einsatz gekommen sei; keine Daten vorlägen, die eine Verträglichkeit des ungewöhnlich stärkereichen Kraftfutters mit einem gewünschten hohen Hefeeinsatz belegen könnten; auch zeitlich unabhängig vor dem Einsatz des Kraftfutters bei etlichen Tieren ungewöhnlich niedrige Fettgehalte in der Milch im Jahre 1998 zu verzeichnen gewesen seien; auch bei einer wie vom Kläger gewünschten Dosierung des Hefeprodukts eine ernährungsphysiologisch kritische, für den Milchfettgehalt risikoreiche Fütterung betrieben worden sei und dem Unter/Fehlgehalt an dem Hefeprodukt in dem Kraftfutter allenfalls eine gewisse Beteiligung durch Stabilisierung des Pansenmilieus, aber keinesfalls eine primär ursächliche Bedeutung für die unstrittig im August/September 1998 vorhandenen Einbußen im Milchfettgehalt zukomme. Die Lebendhefe sei geeignet, generelle positive Effekte herbeizuführen, das hieße bei einem schon bestehenden hohen Milchleistungsniveau könne die Lebendhefe den letzten „Kick“ geben. Die Lebendhefe im Futter sei zwar nicht gänzlich einflußlos; der Einfluß sei aber bei weitem nicht so groß, daß er die hier vorliegende Milchminderleistung/Fettgehaltsreduzierung erklären könne. Es müßten anderen Faktoren in erster Linie ursächlich sein. Lebendhefe habe eine gewisse Fähigkeit, Spitzen der Säure im Pansen der Tiere zu reduzieren. Die Hefe beeinflusse diese Spitze, mache den Pansen aber nicht unbeeinflußbar von anderen Faktoren. Im vorliegenden Falle müßten massive andere Einflüsse vorgelegen haben, die zu der Reduzierung der Milchleistung/Verringerung des Fettgehaltes in der Milch geführt hätten. Nur bei absolut gleichbleibenden Fütterungsbedingungen vor, während und nach dem Auftreten der Milchminderleistung könnte evtl. eine genauere Aussage gemacht werden, was aber gleichwohl im konkreten Falle äußerst unwahrscheinlich wäre. Solche gleichbleibenden Fütterungsbedingungen haben hier aber nicht bestanden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Ein Anlaß, die Revision zuzulassen, bestand nicht. Es liegt keine klärungsbedürftige Rechtsfrage allgemeiner Bedeutung vor, die höchstrichterlich noch nicht entschieden ist. Ebenso erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts.