Urteile Medizinproduktehaftung

LG Hildesheim 4. Zivilkammer, 26.05.2005, 4 O 504/01

Medizinrecht

Normen: § 823 Abs 1 BGB, § 1 Abs 1 S 1 ProdHaftG

Produkthaftung: Anwendbares Recht bei einer im Ausland hergestellten Maschine; Haftung des ausländischen Herstellers; Auslegung einer DIN-Norm; Anforderungen an die Konstruktion von Sicherungseinrichtungen.

Orientierungssatz

Der durch eine im Ausland hergestellte Maschine Geschädigte hat die Wahl zwischen dem Recht des Handlungsorts und dem des Erfolgsorts. Der – ausländische – Hersteller eines fehlerhaft konstruierten Produkts haftet nach den Grundsätzen der Produzentenhaftung. Die maßgebliche Auslegung einer DIN-Norm wird nicht allein durch deren Wortlaut bestimmt. Ausschlaggebend ist der sicherheitstechnische Zweck der Vorschrift. Bei der Konstruktion muss der Hersteller in Betracht ziehen, dass ein späterer Benutzer aus Gründen der Bequemlichkeit Veränderungen an seinem Produkt vornimmt. Der Hersteller muss die Sicherheitseinrichtungen seines Produktes dementsprechend ausrichten.

Tenor

Der Klageantrag zu 1 ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin aus Anlass des Unfalls ihrer Versicherten… vom 10.11.1998 Ersatz ihrer ab dem 01.01.2005 entstandenen und künftig noch entstehenden Aufwendungen zu leisten, soweit die Schadensersatzansprüche der Versicherten der Klägerin auf diese gemäß § 116 SGB X übergegangen sind. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Tatbestand

Die Klägerin ist gesetzlicher Unfallversicherungsträger und macht Ansprüche ihrer Versicherten… aus gemäß § 116 SGB X übergegangenem Recht geltend. 2 Die Zeugin… war bei einem Mitgliedsbetrieb der Klägerin, der Firma… mit der Verarbeitung von Leder (Spalthäuten) beschäftigt. Die Zeugin… hatte die Spalthäute dabei in eine von der Beklagten hergestellte Schleifmaschine mit der Typenbezeichnung Aletti SN 180 Baujahr 1998 einzuführen, damit die Spalthäute dort geschliffen wurden. Das Einführen der Spalthäute in die Maschine hat in der Weise zu geschehen, dass die Spalthäute zunächst auf den vor der Maschine angebrachten sogenannten Tisch gelegt und sodann durch einen waagerechten Schlitz in die Maschine eingeführt werden. Hierdurch werden die Spalthäute auf zwei waagerecht angeordnete Walzen (Haltewalze und Transportwalze) zugeführt, die sich nach innen drehen und so die Spalthaut in die Maschine ziehen. Hinter diesen Walzen befindet sich die Schleifwalze (Schleifzylinder/Arbeitswalze), die das Leder glättet und bearbeitet (vgl. Skizze Bl. 249 Bd. I d. A.). Während der Bearbeitung des Leders hält die an der Maschine beschäftige Person dessen hinteres Ende so fest, dass es straff und ohne Falten in die Maschine eingezogen wird. Quer über der Einzugsstelle der Maschine verläuft der sogenannte Druckwellenschlauch als Sicherheitseinrichtung, bei dessen Betätigung die Maschine öffnet und zugleich die Transport- und Haltewalze abschalten sollen. Mit Konformitätserklärung vom 24.07.1998 (Bl. 14 Bd. I d. A.) erklärte die Beklagte u. a., dass die Maschine der europäischen Norm EN 972 vom März 1998 (Bl. 9 ff. Bd. I d. A.) entspreche. Am 10.11.1998 erlitt die Zeugin… beim Arbeiten an der Maschine der Beklagten einen Arbeitsunfall, bei dem sie eine schwere kombinierte Weichteil-, Strecksehnen-, Knochen-, Defektquetsch- und Ablederungsverletzung an der linken Hand erlitt. Die Klägerin zahlt der Zeugin seitdem eineVerletztenrente. Die Klägerin behauptet, unfallursächlich sei ein Konstruktionsfehler der Maschine gewesen, der dazu geführt habe, dass die Zeugin… beim Einführen einer Spalthaut und Betätigung des Druckwellenschlauchs mit ihrer linken Hand in die Maschine eingezogen und durch die Walzen verletzt worden sei. Die Maschine habe gegen die zum Zeitpunkt ihrer Produktion geltenden gesetzlichen Sicherheitsbestimmungen verstoßen, indem es bei der Betätigung des Druckwellenschlauchs weder zur Abschaltung der nach innen drehenden Transportwalze noch der Arbeitswalze gekommen sei. Die Klägerin macht aus übergegangenem Recht der Zeugin… einen Betrag von 41.882,99 € für Rentenzahlungen, Verdienstausfallschaden und Haushaltsführungsschaden bis einschließlich 31.12.2004 geltend und verlangt zusätzlich Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für weitere Schäden. Die Klägerin beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag von 41.882,99 € nebst 4 % Zinsen ab dem 22.10.1999 aus 14.366,55 €, nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatzüberleitungsgesetzes aus weiteren 11.004,70 € ab dem 17.07.2001 sowie aus weiteren 16.511,74 € ab Rechtshängigkeit zu zahlen; 2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr aus Anlass des Unfalls ihrer Versicherten… vom 10.11.1998 Ersatz ihrer Aufwendungen zu leisten, soweit die Schadensersatzansprüche der Versicherten der Klägerin auf diese gemäß § 116 SGB X übergegangen sind. 8 Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie bestreitet einen Konstruktionsfehler der Maschine und behauptet, diese sei zum Zeitpunkt des Unfalles so konstruiert gewesen, dass bei Betätigen des Druckwellenschlauchs die Maschine öffne und die Transportwalzen abschalteten. Der Schleifzylinder müsse hingegen nicht zum Stillstand kommen, wenn die Maschine geöffnet werde. Die Beklagte behauptet weiter, der gesamte Unfallablauf deute darauf hin, dass sich die Firma… oder die Zeugin… die Arbeit an der Maschine erleichtert und so Schutzvorschriften missachtet hätten. Der Unfall habe nur deswegen geschehen können, weil die Zeugin den Schlitz, durch den die Arbeitshäute eingeführt wurden, so breit eingestellt gehabt habe, dass sie nicht zwangsläufig bei dem Heranführen ihrer Finger an den Schlitz mit dem Druckwellenschlauch in Verbindung gekommen sei. Die Beklagte bestreitet ferner die Höhe des von der Klägerin geltend gemachten Schadens. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 15.05.2003 (Bl. 256 ff. Bd. II d. A.), 04.09.2003 (Bl. 300 ff. Bd. II d. A.) und 17.03.2005 (Bl. 417 ff. Bd. II d. A.) verwiesen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen sowie gemäß Hinweis- und Beweisbeschluss vom 18.06.2004 (Bl. 357 f. Bd. II d. A.) und durch mündliche Anhörung des Sachverständigen…. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten vom 26.11.2004 (lose bei den Akten) sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 15.05.2003 (Bl. 256 ff. Bd. II d. A.) und 17.03.2005 (Bl. 417 ff. Bd. II d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist dem Grunde nach aus §§ 823 Abs. 1 BGB, 1 Abs. 1 ProdHaftG begründet. 14 Der Rechtsstreit ist dabei nach deutschem Recht zu entscheiden, obgleich die Beklagte ihren Sitz in Italien hat und die streitgegenständliche Maschine dort hergestellt worden ist. Es ist insoweit auf die Rechtslage zum Zeitpunkt des Unfallereignisses am 10.11.1998 abzustellen, welche dem Geschädigten ein Wahlrecht zwischen dem Recht des Handlungsortes und dem des Erfolgsortes zubilligte. Dieses Wahlrecht hat die Klägerin, worauf das Gericht mit Hinweis- und Beweisbeschluss vom 18.06.2004 hingewiesen hat, in der mündlichen Verhandlung vom 15.05.2003 wirksam hinsichtlich der Anwendung deutschen Rechts ausgeübt. Zum Ablauf des streitigen Arbeitsunfalls ist das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass die Zeugin… nach Betätigung des Druckwellenschlauchs und Öffnen der Maschine von der sich weiter nach innen drehenden Transportwalze mit ihrer linken Hand in die Maschine eingezogen wurde und durch die sich ebenfalls weiterdrehende Schleifwalze die beschriebenen Verletzungen zugefügt bekam. Das Gericht ist weiter davon überzeugt, dass der Arbeitsunfall der Zeugin darauf zurückzuführen ist, dass die von der Beklagten hergestellte Maschine konstruktionsbedingt gegen gesetzliche Sicherheitsbestimmungen verstieß. Zum Ablauf des Arbeitsunfalls hat die Zeugin… bekundet, es sei ein ganz normaler Arbeitstag gewesen und sie habe ganz normal an der Maschine gearbeitet. Sie habe das Leder in die Maschine eingeführt und danach versucht, Falten, die dort gewesen seien, auseinander zu ziehen. Plötzlich sei ihr Arm etwa bis zur Hälfte des Unterarms in die Maschine eingezogen worden und dabei die Hand und der Arm durch die Maschine abgeschliffen worden, die ganze Haut bis auf die Knochen. Ihre Hand sei durch den an der Maschine zum Einführen des Leders befindlichen Schlitz hindurchgezogen worden. Die Zeugin hat weiter ausgesagt, ob sie in der Unfallsituation den Druckwellenschlauch betätigt habe, wisse sie nicht. Die Maschine stoppe üblicherweise, wenn sie auf diesen Druckwellenschlauch drücke. Sie könne sich nicht erinnern, ob die Maschine nach dem Arbeitsunfall unmittelbar in irgendeiner Weise gestoppt habe. Nachdem der Unfall passiert gewesen sei, wisse sie nicht mehr genau, wie die Maschine weitergelaufen sei, bzw. ob die Maschine weitergelaufen sei. Sie könne sich nur noch daran erinnern, dass die vordere Walze, die sie bei ihrer Tätigkeit sehen könne, sich weitergedreht habe. Sie wisse nicht, ob das die Walze gewesen sei, die ihr dann auch die Hand abgeschliffen habe. Andere Walzen habe sie nicht gesehen. Der Zeuge… hat bekundet, er sei erst hinzugekommen, als der Unfall bereits passiert und der Rettungshubschrauber weggeflogen gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei die Maschine bereits stillgelegt gewesen. Er habe nach dem Unfall den Druckwellenschlauch geprüft und könne sagen, dass sich eine Walze dort damals weitergedreht habe. Nach dem Unfall sei die Maschine so umgebaut worden, dass sich nach Betätigen des Druckwellenschlauchs keine Walze in irgendeiner Form mehr gedreht habe; sie hätten die Maschine so verändert, dass sich die Walze, die oben gewesen sei und die zum Unfall geführt habe, nicht mehr weiterdrehe. Der Sachverständige… hat nach eigener Besichtigung der Lederschleifmaschine festgestellt, dort seien im Betrieb drei rotierende Walzen, und zwar die Transportwalze, die Haltewalze und die Schleifwalze entsprechend der Skizze Bl. 249 Bd. I d. A. im Wirkbereich vorhanden. Als Schutzeinrichtung habe der Hersteller einen Druckwellenschlauch vorgesehen, was durchaus üblich sei. Diese Schutzeinrichtung müsse nach EN 294 einen ausreichenden Abstand zum Gefahrenbereich gewährleisten; der für den Beschickungsspalt mit Material zum Schutz von Hand und Fingern vor den nächstliegenden beweglichen Teilen vorgeschriebene Abstand müsse mindestens 100 mm betragen. Nach seinen Messungen betrage der Abstand zur Transportwalze grob geschätzt allerdings nur etwa 70 mm. Dieser Abstand sei zu gering und verstoße gegen die Vorschriften der EN 294 (S. 6 des Gutachtens). In Bezug auf den Druckwellenschlauch hat der Sachverständige weiter festgestellt, die EN 954 und die EN 972 würden für die Schutzeinrichtung die Kategorie 3 empfehlen, wenn – wovon vorliegend auszugehen sei – bei Versagen oder nicht vorhandener Schutzeinrichtung schwere, irreversible Verletzungen entstehen könnten, die Bedienungsperson ständig in dem Gefahrenbereich arbeite, aber die Gefahr unter bestimmten Bedingungen vermieden werden könne. Die Kategorie 3 sage aus, dass sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen so gestaltet werden müssten, dass ein einzelner Fehler in einem dieser Teile nicht zum Verlust der Sicherheitsfunktionen führen dürfe. Aus dem Schaltplan der Maschine gehe hervor, dass die Steuerung drei sicherheitsbezogene Teile enthalte, und zwar den Schalter FC6, das Relais RM2 und den Umrichter INV2. Aus der Schaltung sei nicht zu erkennen, dass bei dem Auftreten eines Fehlers eines Elements die Sicherheitsfunktion noch weiter gewährleistet sei. Die Steuerung habe also nicht die Kategorie 3, sondern eine niedrigere, weshalb die Maschine auch hier gegen die gesetzlichen Vorschriften verstoße. Die Schutzeinrichtung habe nach der ursprünglichen Steuerungsschaltung die Aufgabe, die Transportwalze zu bremsen, den Arbeitstisch um 30 mm zurückzufahren und dadurch den Arbeitsspalt zu öffnen. Bei dem vorliegenden Schaltbild sei es nicht auszuschließen, dass bei einem Fehler die Transportwalze nicht abschalte und der Tisch trotzdem zurückfahre. Hand und Arm könnten dann von der Transportwalze eingezogen werden (S. 7, 8 des Gutachtens). Der 30 mm große Spalt hätte nach EN 294 einen Abstand von mindestens 850 mm zur Schleifwalze haben müssen. Dieser werde jedoch nicht eingehalten, so dass in diesem Fall die Verletzungsgefahr bestanden habe, die schließlich zu dem Unfall geführt habe. Es sei davon auszugehen, dass im Wesentlichen die Schleifwalze die Verletzungen hervorgerufen habe. Dabei sei sicher, dass die Schleifwalze nicht abgeschaltet worden sei; dieses sei vom Hersteller nicht vorgesehen gewesen (S. 8 des Gutachtens). Insgesamt hätte der Unfall vermieden werden können, wenn die Beklagte die zum Zeitpunkt der Produktion der Maschine geltenden gesetzlichen Sicherheitsbestimmungen beachtet hätte. Es sei höchstwahrscheinlich, dass es bei der Betätigung des Druckwellenschlauchs weder zur Abschaltung der Transport- noch der Arbeitswalze gekommen sei und dadurch die Zeugin verletzt worden sei (S. 10 des Gutachtens). Das Gericht geht aufgrund der Aussage der Zeugin… und der Feststellungen des Sachverständigen davon aus, dass die Verletzungen der Zeugin, bei der nach ihren Angaben die ganze Haut an Hand und Arm bis auf die Knochen abgeschliffen worden ist, durch die Schleifwalze der Maschine verursacht worden sind, was voraussetzt, dass der Arm der Zeugin so weit in die Maschine eingezogen worden ist, dass dieser die Schleifwalze erreicht hat. Der Sachverständige hat hierzu im Rahmen seiner mündlichen Anhörung ausgeführt, die Verletzungen der Zeugin an der Hand müssten durch die Schleifwalze hervorgerufen worden sein, d. h. die Zeugin müsse die Schleifwalze berührt haben. Das Gericht geht weiter davon aus, dass die Zeugin zuvor den Druckwellenschlauch betätigt hatte, so dass sich die Maschine geöffnet hat. Die Zeugin… hat hierzu angegeben, sie wisse nicht mehr, ob sie in der Unfallsituation den Druckwellenschlauch betätigt habe. Das Gericht folgt aber auch insoweit den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens, nach dessen Einschätzung die Zeugin den Druckwellenschlauch betätigt haben müsse, weil sie Schleifspuren an der Hand gehabt habe und deshalb mit ihrer Hand bereits entsprechend weit in die Maschine hineingeraten sei. Nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen wird durch Betätigen des Druckwellenschlauchs eine Schutzeinrichtung ausgelöst, die die Aufgabe hat, die Transportwalze zu bremsen und den Arbeitstisch um 30 mm zurückzufahren, wobei es anhand des Schaltbildes der Maschine nicht auszuschließen ist, dass bei einem Fehler die Transportwalze nicht abschaltet und der Tisch trotzdem zurückfährt, so dass Hand und Arm dann von der Transportwalze eingezogen werden können. Eine solche Fehlfunktion der Maschine muss bei dem fraglichen Unfall vorgelegen haben. Ausgehend von dem Umstand, dass die Zeugin… mit ihrer Hand und ihrem Arm gegen die Schleifwalze geriet, muss zum einen der Einzugsspalt so weit geöffnet gewesen sein, dass ihre Hand und ihr Arm hindurch passten. Aus diesem Grunde ist davon auszugehen, dass die Maschine aufgrund Betätigung des Druckwellenschlauchs öffnete. Zum anderen wurde sodann nach Angaben der Zeugin ihr Arm in die Maschine eingezogen, was darauf schließen lässt, dass die Transportwalze entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen fehlerhaft nicht anhielt, sondern sich weiter nach innen drehte. Entsprechend haben die Zeugin… und der Zeuge… bekundet, dass sich die vordere bzw. obere Walze nach dem Unfall bzw. nach Betätigung des Druckwellenschlauchs weitergedreht hätten. Hinzu trat der Umstand, dass der Abstand der Transportwalze zu dem Einzugsspalt zu gering bemessen war, so dass die Hand der Zeugin von der Transportwalze eher erfasst werden konnte als bei Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen, sowie dass der Abstand der Schleifwalze zu dem Einzugsspalt ebenfalls zu gering bemessen war, so dass die Zeugin mit ihrer Hand eher gegen die Schleifwalze geriet, als dies bei Beachtung der Sicherheitsvorschriften der Fall gewesen wäre. Der Sachverständige hat im Rahmen seiner mündlichen Anhörung ergänzt, dass auch die Schleifwalze hätte anhalten müssen, wenn der Druckwellenschlauch betätigt werde; dies habe sie allerdings offensichtlich nicht, denn sonst hätte sich die Zeugin nicht ihre Verletzungen zuziehen können. Bei geöffneter Maschine dürfe sich die Schleifwalze nicht drehen, anderenfalls handele es sich um einen Verstoß gegen die EN 972 Ziffer 5.3.1.. Für eine solche Sicherheitseinrichtung gebe es zwei Möglichkeiten, nämlich entweder müsse die Schleifwalze stoppen oder eine mechanische Sicherheitseinrichtung den Zugriff auf die Schleifwalze verhindern. Dass die Schleifwalze damals nicht gestoppt habe, sei aus dem Schadenshergang ohne Weiteres ersichtlich. Eine mechanische Sicherheitseinrichtung könne nicht vorhanden gewesen sein, denn sonst hätte die Zeugin mit ihrer Hand nicht die Schleifwalze berühren können. Insgesamt ist der Unfall der Zeugin… mithin darauf zurückzuführen, dass aufgrund fehlerhafter Konstruktion der Maschine bei Betätigung des Druckwellenschlauchs weder die Transportwalze noch die Schleifwalze abschalteten sowie der Abstand von dem Einzugsschlitz sowohl zur Transportwalze als auch zur Schleifwalze zu gering war. Bei ordnungsgemäßer Konstruktion der Maschine hätte die Hand der Zeugin hingegen mangels nach innen rotierender Walze in der Nähe des Einzugsschlitzes nicht eingezogen und mangels rotierender, zu nah positionierter Schleifwalze auch nicht abgeschliffen werden können. Die Maschine wies damit einen unfallursächlichen Konstruktionsfehler auf. Soweit die Beklagte darauf abstellen will, dass in dem Betrieb der Firma… nicht nach den Sicherheitsvorschriften der Hersteller gearbeitet werde, insbesondere der Spalt zum Einführen der Häute bei geschlossener Maschine größer eingestellt sei als zulässig, hat der Sachverständige zwar mündlich ausgeführt, eine solche konstruktive Änderung der Maschine, dass bei geschlossener Maschine der Einzugsspalt 30 mm betrage, sei theoretisch möglich. Es fehlt allerdings insoweit an konkretem Vortrag und Beweisantritt der Beklagten dazu, ob am Unfalltag bei der streitgegenständlichen Maschine eine solche Einstellung vorgelegen hat. Die Behauptung der Beklagten, bei dem von dem Sachverständigen anberaumten Ortstermin am 14.09.2004 sei an einer anderen Schleifmaschine der Firma… mit einem sehr hoch positionierten Sicherheitsrand gearbeitet worden, ist insoweit unbehelflich, da anhand dessen keine Rückschlüsse auf die streitgegenständliche Maschine am Unfalltag gezogen werden können. Im Übrigen hat der Sachverständige im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens ausgeführt, er halte es durchaus für möglich, dass der Abstand zwischen Transportwalze und Haltewalze bei geöffneter Maschine so sei, dass die Hand der Zeugin hindurchgepasst habe. Eine unzulässig große Einstellung des Einzugsspalts muss damit bei dem streitgegenständlichen Unfall nicht zwingend vorgelegen haben. Der Einwand der Beklagten mit insoweit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 12.05.2005 – Schriftsatznachlass war lediglich zur Stellungnahme auf den Schriftsatz der Klägerin vom 18.02.2005, nicht aber zum Ergebnis der Beweisaufnahme gewährt worden -, die Einhaltung eines Abstandes zwischen dem Einzugsschlitz und der Arbeitswalze von 850 mm sei nicht möglich, da die Maschine dann ihrer Funktion nicht mehr gerecht werden könne, ist gemäß §§ 411 Abs. 1, 296 Abs. 1 ZPO verspätet. Die Einhaltung des genannten Mindestabstandes ist nämlich von dem Sachverständigen bereits in seinem schriftlichen Gutachten thematisiert worden, auf welches die Parteien mit gerichtlicher Verfügung vom 30.11.2004 (Bl. 368 Bd. II d. A.) Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 4 Wochen erhalten haben. Die Beklagte hat insoweit nicht vorgetragen, warum ihr der entsprechende Einwand nicht bereits früher möglich gewesen wäre, so dass die Verspätung nicht genügend entschuldigt ist. Soweit die Beklagte nunmehr die Auffassung vertritt, die von dem Sachverständigen im Rahmen seiner mündlichen Anhörung genannte Maschinenrichtlinie 972 Ziffer 5.3.1. sei hier nicht einschlägig, vielmehr finde hier die Richtlinie 5.3.2. Anwendung, wonach bei Öffnen der Maschine die Auflege- und Transportwalze stoppen müsse und nicht auch die Arbeitswalze, steht dieser Vortrag zum einen im Widerspruch zum Vorbringen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 24.03.2003 (Bl. 217 f. Bd. I d. A.), in dem die Beklagte selbst behauptet, der von ihr gelieferte Druckwellenschlauch habe die Schutzfunktion gemäß EN 972 5.3.1. gehabt. Zum anderen hat der Sachverständige – von der Beklagten insoweit nicht angegriffen – festgestellt, dass bei Öffnen der Maschine die Transportwalze fehlerhaft nicht abschalte, was auch nach der nunmehrigen Darstellung der Beklagten unter Anwendung der Richtlinie 5.3.2. einen unfallursächlichen Fehler darstellt. Die Einholung einer nachträglichen Stellungnahme des Sachverständigen zu diesem Punkt war damit nicht erforderlich. Da noch eine weitere Beweisaufnahme zur Anspruchshöhe erforderlich ist, hat das Gericht Grundurteil (§ 304 ZPO) und Teilurteil über den Feststellungsantrag erlassen.