Rechtsgebiete

Unterhaltsanspruch der nicht verheirateten Mutter gegen den Vater des gemeinsamen Kindes

Die folgenden Ausführen gelten entsprechend für die Unterhaltsansprüche des Vaters gegen die Mutter

GESCHICHTE

Das BGB sah zunächst in § 1715 – neben einem Anspruch auf Ersatz der Kosten und Aufwendungen infolge Schwangerschaft und Entbindung – innerhalb der Grenzen der Notdurft einen Anspruch der Kindesmutter gegen den Vater auf Erstattung der Kosten des Unterhalts für die ersten 6 Wochen nach der Entbindung. Dabei kam es weder auf eine Kindesbetreuung noch darauf an, ob die Mutter tatsächlich Kosten aufgewendet hatte.

Gemäß des am 1. Juli 1970 in Kraft getretenen Nichtehelichengesetzes wurde neben einer Erweiterung des Anspruchszeitraumes für den „Basisunterhalt“ auf 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Entbindung und der Begründung eines Unterhaltsanspruches für den Fall mangelnder Erwerbstätigkeit der Mutter infolge schwangerschafts- und entbindungsbedingter Erkrankung erstmals auch ein Betreuungsunterhaltsanspruch eingeführt. Er begann frühestens 4 Monate vor und endete spätestens 1 Jahr nach der Entbindung und bestand nur, wenn die – grundsätzlich erwerbspflichtige – Mutter keine Möglichkeit für eine Fremdbetreuung des Kindes fand.

Mit dem am 1. Oktober 1995 in Kraft getretenen Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz wurde der mögliche Anspruchszeitraum auf 3 Jahre nach der Geburt erweitert. Zudem wurden die Anspruchsvoraussetzungen abgemildert. Während der Anspruch auf Betreuungsunterhalt bis dahin nur bestand, wenn die Mutter nicht erwerbstätig war, weil das Kind andernfalls nicht versorgt werden könnte, besteht er nunmehr „soweit von der Mutter wegen der Pflege und der Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann“. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Verbesserung der Anspruchslage auch die Entscheidung der schwangeren nicht mit dem Erzeuger verheirateten Mutter für die Austragung des Kindes erleichtern, damit den Schutz des ungeborenen Lebens stärken.

Durch das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Kindschaftsreformgesetz mit dem gesetzgeberischem Ziel, die rechtlichen Unterschiede zwischen Kindern miteinander verheirateter und nicht miteinander verheirateter Eltern so weit wie möglich abzubauen, wurde der Betreuungsunterhaltsanspruch der nichtehelichen Mutter noch weiter verbessert: Der Betreuungsunterhaltsanspruch wird in Ausnahmefällen über den Zeitraum von drei Jahren der Kindesmutter zugesprochen, zum Beispiel dann, wenn das Kind behindert und eine Fremdunterbringung nicht möglich ist.

I. Überblick über sämtliche Ansprüche aus § 1615 l BGB:

Der zentrale Unterhaltsanspruch der nichtverheirateten Mutter gegen den Vater des gemeinsamen Kindes ist der in § 1615 l Absatz 2 Satz 2 BGB regelte Anspruch auf Betreuungsunterhalt. Ich möchte kurz sämtliche Unterhaltsansprüche des § 1615 l BGB vorstellen. § 1615 l BGB enthält insgesamt vier Unterhaltstatbestände: Der Zeitraum von sechs Wochen vor bis achten Wochen nach der Geburt des Kindes ist durch den Anspruch gemäß § 1615 l Abs. 1 Satz 1 BGB erfaßt. Dieser Anspruch wird auch „Basisunterhaltsanspruch“ oder „ordentlicher Unterhaltsanspruch“ genannt. Voraussetzung für diesen Anspruch ist Bedürftigkeit der Mutter und Leistungsfähigkeit des Vaters. Eine Kausalität von Schwangerschaft bzw. Entbindung für die Bedürftigkeit der Kindesmutter verlangt dieser Anspruch nicht.

Für die Zeit ab Beginn der neunten Woche nach der Geburt des Kindes stehen zwei unterschiedliche Unterhaltsansprüche zur Verfügung, der Anspruch gemäß § 1615 l Absatz 2 Satz 1 BGB sowie der Anspruch nach § 1615 l Absatz 2 Satz 2 BGB, der sog. Betreuungsunterhaltsanspruch, hierzu noch näher sogleich. Beide Ansprüche werden grundsätzlich bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes gewährt. Man spricht hierbei auch von außerordentlichen oder erweiterten Unterhaltsansprüchen. Der Unterhaltsanspruch des § 1615 l Abs. 2 Satz 1 BGB betrifft den Fall, daß die Mutter bedürftig ist, weil sie infolge der Schwangerschaft oder infolge einer durch die Schwangerschaft oder durch die Entbindung verursachten Krankheit nicht erwerbstätig sein und deshalb vom leistungsfähigen Vater Unterhalt verlangen kann. Wie sich aus dem Wortlaut und den Gesetzesmaterialien ergibt, ist hier die Kausalität von Schwangerschaft bzw. schwangerschafts- und entbindungsbedingter Krankheit für die mangelnde Erwerbstätigkeit der Kindesmutter Anspruchsvoraussetzung.

Schließlich ist in § 1615 l Absatz 1 Satz 2 BGB ein Anspruch der Mutter gegen den Vater auf Erstattung der Kosten, die aufgrund der Schwangerschaft oder der Entbindung entstanden sind, geregelt. Hierbei handelt es sich um unterhaltsrechtlichen Sonderbedarf.

Gemäß § 1615 l Abs. 5 BGB steht dem Vater, der das Kind betreut, ein Unterhaltsanspruch nach Absatz 2 Satz 2 BGB zu.

Nunmehr möchte ich mich schwerpunktmäßig dem Betreuungsunterhaltsanspruch nach § 1615 l Absatz 2 Satz 2 BGB zuwenden. Danach ist der Kindesvater zum Unterhalt verpflchtet, soweit von der Kindesmutter wegen der Pflege und Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Hier ist vieles streitig.

II. Zur Befristung des Betreuungsunterhaltsanspruchs:

Gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB endet der Betreuungsunterhaltsanspruch grundsätzlich drei Jahre nach der Geburt des Kindes, es sei denn, die Versagung des Anspruchs zu diesem Zeitpunkt wäre insbesondere unter Berücksichtigung der Kindesbelange grob unbillig. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß die Voraussetzungen für eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs gegeben sind, trägt die Mutter. Nach einer im Schrifttum verbreiteten Ansicht verstößt § 1615 l Abs.2 Satz 3 BGB gegen Art. 6 Abs. 5 GG, wonach den unehelichen Kindern die gleichen Entwicklungsbedingungen einzuräumen sind, wie den ehelichen Kindern. Begründet wird dies damit, dass der Betreuungs-unterhaltsanspruch der geschiedenen Mutter, solange die Betreuungsbedürftigkeit des gemeinsamen Kindes andauert, unbefristet ist, während der Betreuungsunterhaltsanspruch der mit dem Kindesvater nicht verheirateten Mutter grundsätzlich drei Jahre nach der Geburt des Kindes endet. Dadurch würden die nichtehelichen Kinder schlechter gestellt als die ehelichen, da sie nach Vollendung ihres dritten Lebensjahres auf die persönliche Betreuung durch ihre Mutter verzichten müßten.

Aufgrund der Kürze der Zeit kann ich die Frage nach der Verfassungsgemäßheit von § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB hier nicht vertiefen. Ich gebe jedoch an dieser Stelle kurz zu bedenken: die grammatische und die teleologische Auslegung von § 1570 BGB einerseits und § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB andererseits ergibt, dass der von beiden Vorschriften zu regelnde Sachverhalt im wesentlichen gleich ist: erforderlich ist das Vorliegen eines fortdauernden Betreuungsbedürfnisses des gemeinsamen Kindes und dadurch ausgelöst, die fehlende Möglichkeit der Mutter, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Hieraus ergibt sich, daß die hauptsächliche Legitimationsgrundlage des nachehelichen Betreuungsunterhalts-anspruches – ebenso wie beim Anspruch nach § 1615 l Abs. 2 Saz 2 BGB – das Kindeswohl und die verfassungsrechtlich verankerte gemeinsame Elternverantwortung sein dürfte, nicht aber die nacheheliche Solidarität. Hierfür spricht auch, dass der Gesetzgeber mit Einführung des Zerrüttungsprinzps durch das erste EherechtsreformG vom 14.6.76 ausdrücklich die bisherige gemeinsame wirtschaftliche Basis der Eheleute für ab dem Zeitpunkt der Scheidung aufgelöst erklärte und deshalb den Grundsatz der wirtschaftlichen Eigenverantwortung in das nacheheliche Unterhaltsrecht aufnahm und diesem voran stellte ( BT-Drs. 7/650 S. 121-123). Es dürfte daher an einem sachlichen Grund für die unterschiedliche zeitliche Ausgestaltung des § 1570 BGB einerseits und § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB andererseits fehlen. Auch der fehlende Ehestatus zwischen den Kindeseltern kann keinen sachlichen Grund für die Befristung nach § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB darstellen, da Zweck dieses Betreuungsunterhaltsanspruchs die Befriedigung des Betreuungsbedarfes des gemeinsamen Kindes und die Elternverantwortung ist. Mir erscheint es daher, dass § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB gegen Art. 6 Abs. 5 GG verstößt. Sollte ein Familiengericht § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB für verfassungswidrig halten, so müßte es gem. Art. 100 Abs. 1GG das Verfahren aussetzen und die Entscheidung des BverfG zur Frage der Verfassungsgemäßheit von § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB einholen..

Umstritten ist, was für Gründe Vorliegen müssen, damit die Kindesmutter über den Dreijahreszeitraum hinaus noch Betreuungsunterhalt vom Kindesvater verlangen kann. Einigkeit besteht darin, dass gemäß des Wortlautes von § 1615 l Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz BGB Kindesbelange, die eine Weiterbetreuung erfordern, die Verlängerung des Betreuungsunterhaltsanspruchs begründen können. Bsp.: Kind ist behindert, Mutter findet keine angemessene Möglichkeit der Fremdbetreuung. Streitig ist jedoch, ob auch Gründe, die die Beziehung zwischen der Mutter und dem Vater oder auch nur die Person der Mutter betreffen, ebenfalls zu einer Verlängerung des Betreuungsunterhaltsanspruchs über den Dreijahreszeitraum hinaus führen können. Bps.: das Kind ist aus einer Vergewaltigung hervorgegangen, besondere Verpflichtungen des Vaters gegenüber der Mutter, z.B. weil diese die Ausbildung des Vaters finanziert hatte. Dies wird vom Schrifttum ganz überwiegend bejaht und damit begründet, dass der Wortlaut von § 1615 l Abs. 2 Satz 3 2.HS BGB weit ist. So würden dort die Kindesbelange beispielhaft mit der Formulierung – insbesondere genannt, ohne dass es jedoch ausgeschlossen wäre, dass noch andere Gründe eine Verlängerung des Betreuungsunterhaltsanspruch über den Dreijahreszeitraum rechtfertigen könnten. Vereinzelt wird auch vertreten, dass nur Kindesbelange eine Anspruchsverlän-gerung rechtfertigen können.

Die letztgenannte Ansicht ist vorzuziehen. Die Berücksichtigung von sonstigen Belangen zur Rechtfertigung einer Anspruchsverlängerung wird vom Wortlaut des § 1615 l Absatz 2 Satz 3 2. HS BGB zwar nicht ausgeschlossen. Zweck des Betreuungsunterhaltsanspruch ist jedoch die Befriedigung des Betreuungsbedarfs des Kindes und die Wahrnehmung der gemeinsamen Elternverantwortung. Den Gesetzesmaterialen zu Absatz 2 Satz 3 2. HS BGB ist zu entnehmen, daß Belange des Kindes im Einzelfall eine stärkere Solidarität zwischen den Eltern und deshalb zeitlich verlängerte Betreuungsunterhaltsansprüche erfordern können ( BT-Drs. 13/8511 S.71, 13/ 4899 S. 167; BR-Drs. 180/96 S.99 ). Hieraus folgt, dass der weite Wortlaut auf den Normzweck zu beschränken ist ( sog. Teleologische Reduktion ).

Nur die Wahrung von Kindesbelangen kann daher eine Verlängerung des Betreuungsunterhaltsanpruchs über drei Jahre hinaus rechtfertigen. Belange der Kindesmutter können daher allenfalls mittelbar berücksichtigt werden, nämlich insoweit als sie sich direkt auf das Kindeswohl auswirken. Im Hinblick auf diesen Gesetzeszweck aber auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 5 GG dürften die an das Tatbestandsmerkmal – grobe Unbilligkeit der Unterhaltsversagung“ gestellten Anforderungen nicht so hoch sein.

III. Zu Fragen im Zusammenhang mit der Bedürftigkeit der Kindesmutter:

Gemäß 1615 l Abs. 3 Satz 1 BGB finden die Vorschriften über das Verwandtenunterhaltsrecht auf sämtliche Unterhaltsansprüche des § 1615 l BGB Anwendung. Da hierbei auch auf Anspruchsvoraussetzungen des Verwandtenunterhaltsrechts verwiesen wird, handelt es sich bei § 1615 l Abs. 3 Satz 1 BGB um eine sog. Rechtsgrundverweisung ( BT-Drs. V/2370, S. 57). Verwiesen wird u.a. auf die Vorschriften über die Bedürftigkeit und den Bedarf des Berechtigten sowie die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten.

Überwiegend wird in der Literatur vertreten, daß die über Vermögen verfügende Kindesmutter dieses nur in den Grenzen der Wirtschaftlichkeit und Billigkeit für ihre Bedarfsdeckung einzusetzen bräuchte. Das OLG Hamm wendet § 1577 Abs. 3 BGB sogar analog an.

Das ist abzulehnen. Verfügt die Kindesmutter über Vermögen, so muß sie dieses grundsätzlich ohne Einschränkung für ihre Bedarfsdeckung verwenden. Gem. den §§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1602 Abs. 1 BGB ist unterhaltsberechtigt nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Außerstande, sich selbst zu unterhalten, ist, wer über kein Vermögen verfügt, nicht erwerbstätig sein kann oder seinen Lebensbedarf nicht durch den Einsatz der Arbeitskraft voll decken kann ( Gernhuber/Coestjer-Waltjen S. 667 f. ).

Aber auch aus der systematischen Auslegung des § 1602 Abs. 1 BGB ergibt sich, daß im Verwandtenunterhaltsrecht unterhaltsberechtigte Personen grundsätzlich ihr Vermögen zur eigenen Bedarfsdeckung verwerten müssen. Dies folgt aus dem Umkehrschluß zu § 1602 Abs. 2 BGB. Gem. § 1602 Abs. 2 BGB brauchen minderj. über Vermögen verfügende Kinder ihren Vermögenstamm nicht angreifen, wenn die Erträge aus dem Vermögen zur Bestreitung des Lebensbedarfes nicht ausreichen. In diesem Fall bleiben sie ggü ihren Eltern unterhaltsberechtigt. Hieraus ergibt sich im Umkehrschluß, dass Volljährige Kinder und sonstige Verwandte den Vermögensstamm verwerten müssen, wenn die Erträge hieraus zum Leben nicht genügen.

Damit ist sowohl die Literaturansicht abzulehnen, als auch das OLG Hamm. Für eine analoge Anwendung des § 1577 Abs. 3 BGB fehlt es nach alledem an einer Regelungslücke. Zum im Schrifttum bestehenden Streit über die Frage einer analogen Anwendung des § 1577 Absatz 2 BGB kann ich aufgrund der Kürze der Zeit leider nicht Stellung nehmen.

IV. Zum Unterhaltsmaß:

Gemäß § 1615 l Abs. 3 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 1610 Abs. 1 BGB richtet sich das Maß sämtlicher Unterhaltsansprüche aus § 1615 l BGB nach der Lebensstellung der Kindesmutter.

War die Kindesmutter vor der Geburt des Kindes erwerbstätig, so bestimmt sich ihre Lebensstellung nach ihrem bisherigen Einkommen, ist sie verheiratet, bestimmt sich ihre Lebensstellung nach ihren ehelichen Lebensverhältnissen. Man spricht hierbei von einer von Dritten abgeleiteten Lebensstellung.

Umstritten ist, ob auf die Einkommensverhältnisse des Kindesvaters abzustellen ist, wenn die Kindeseltern zusammengelebt und der Kindesvater die nicht erwerbstätige Kindesmutter bis zur Auflösung der n. L. unterhalten hatte. Während das Schrifttum dies überwiegend bejaht, lehnen das OLG Hamm und das OLG Koblenz ein Abstellen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kindesvaters ab. Das OLG Hamm begründet dies sinngemäß damit, dass der Begriff der „Lebensstellung“ eine Lebenssituation von einer gewissen Beständigkeit meint. Davon könne aber nicht gesprochen werden, wenn die Kindesmutter aufgrund ihres nichtehelichen Status jederzeit damit rechnen mußte, daß ihr Partner sie plötzlich nicht mehr teilhaben lassen würde an seinen Einkünften.

Die Rechtsprechung ist abzulehnen. Richtig ist zwar, dass der Begriff der „Lebensstellung“ eine Lebenslage von gewisser Dauer voraussetzt. Haben die Partner jedoch längere Zeit zusammengelebt, so ist die Lebensstellung der nichterwerbstätigen Kindesmutter zwangsläufig durch die wirtschaftlichen Verhältnisse ihres Partners geprägt worden. Haben die Partner längere Zeit zusammen gelebt, ist damit auch das Argument der Rechtsprechung, Partner einer n.L. müßten jederzeit mit einer Beendigung der Beziehung rechnen, widerlegt.

Es ist daher der überwiegenden Auffassung in der Literatur Recht zu geben, daß bei längerem Zusammenleben der Kindeseltern, wenn die Kindesmutter von dem Kindesvater unterhalten wurde, die Lebensstellung der Kindesmutter durch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kindesvaters geprägt wurden. Auch hier haben wir es dann mit einer sog. Abgeleiteten Lebensstellung zu tun. Diese Lebensstellung bleibt auch nach Auflösung der Beziehung solange bestehen, als der Kindesvater gegenüber der Kindesmutter gem. § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB unterhaltspflichtig ist.

Umstritten ist, ob die nichtverheiratete Kindesmutter vom Kindesvater auch die Beiträge zur Altersversicherung erstattet bekommen kann. Während ein Teil des Schrifttums dies unter entsprechender Heranziehung des § 1578 Abs. 3 BGB bejaht, wird dies von einem anderen Teil der Literatur verneint. Die letztgenannte Ansicht ist vorzugswürdig.

Da § 1615 l Abs. 3 Satz 1 BGB auf das Verwandtenunterhaltsrecht veweist, gelten die dortigen Grundsätze auch für die Ansprüche aus § 1615 l BGB.

Dabei ist darauf hinzuweisen, dass nach der Zielsetzung des Verwandtenunterhaltsrechts nur eine in der Gegenwart bestehende Bedürftigkeit auszugleichen sein soll. Deshalb gehören die Kosten einer Altersversicherung auch nicht zum Lebensbedarf nach § 1610 Abs. 2 BGB ( Staudinger § 1610 Rdnr. 118 ). Begründet wurde dies seinerzeit vom Reichsgericht auch damit, dass der Unterhaltsschuldner keine Gewähr hätte, dass der Berechtigte Beträge für die Altersvorsorge gem. dieser Zweckbindung verwenden würde (RGZ 152, 356, 359 ).

Der Kindesvater schuldet der Kindesmutter daher nicht die Kosten für eine Altersversicherung.

Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 1578 Abs. 3 BGB auf § 1615 l BGB liegen nicht vor. Es fehlt an einer planwidrigen Lücke. Aus der expliziten Aufzählung bestimmter Unterhaltsansprüche ( nicht aller ) in § 1578 Abs. 3 BGB kann geschlossen werden, dass der Gesetzgeber für die sonstigen Unterhaltsansprüche gerade keine Erstreckung auf die Altersversicherung haben wollte. Aber auch aus der vorerwähnten Zielsetzung des Verwandtenunterhaltsrechts, nämlich nur Befriedigung des gegenwärtig bestehenden Bedarfs, kann gefolgert werden, dass vom Gesetzgeber eine Regelung des Altersvorsorgebedarfs im Verwandtenunterhaltsrecht nicht gewollt ist.

Richtig ist allerdings, dass der Anspruch nach § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB dem nachehelichen Betreuungsunterhaltsanspruch nahe steht, da der Legimationsgrund bei beiden Vorschriften im wesentlichen gleich ist. Ziel des Anspruchs nach § 1578 Abs. 3 BGB war es zu verhindern, dass in der – sozialen Biographie“ des betreuenden Elternteils während der Betreuungszeit ab Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens eine Lücke entstünde ( BT-Drs. 7/650 S.136 ). Diese Interessenlage besteht grds. auch bei § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB. Dies spricht dafür, de lege ferenda den Betreuungsunterhaltsanspruch der nichtverheirateten Mutter auch auf die Kosten für eine Altersversicherung zu erstrecken.

Aufgrund der Kürze der Vortragszeit mußte ich leider ein paar Bereiche aussparen, so inbsbesondere den Meinungsstreit bzgl. der Frage eines Kausalitätserfordernis zwischen Kindesbetreuung und Bedürftigkeit der Kindesmutter, die Rangfragen auf Seiten der Unterhaltsberechtigten und Unterhaltsverpflichteten, hier z.B. die Frage des Verhältnisses der Unterhaltshaftung des Vaters des nichtehelichen Kindes einerseits und des Ehemannes der Kindesmutter andererseits. Zudem mußte ich den Bereich des vorläufigen Rechtschutzes auslassen. Der in § 1615 l Abs. 5 BGB geregelte Betreuungsunterhaltsanspruch des Kindesvaters war nicht Vortagsthema.

IV. Zu § 1615 l Absatz 2 Satz 2 BGB und dem Erfordernis der Kausalität:

Gemäß § 1615 l Absatz 2 Satz 2 BGB ist der Vater zum Unterhalt verpflichtet, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Umstritten ist hierbei, ob es ausreicht, dass der Umstand der Betreuung des Kindes durch die Mutter mitursächlich, d.h. nur eine von mehreren Ursachen, für die fehlende Erwerbstätigkeit der Mutter ist, oder ob die Betreuung des Kindes der einzige Grund für die Nichterwerbstätigkeit der Mutter ist. Dieser Frage ist von großer Bedeutung, wenn die Kindesmutter auch vor der Schwangerschaft nicht erwerbstätig war, z.B. weil sie noch andere Kinder betreute, oder weil sie arbeitslos war. Nach Auffassung des BGH, des OLG Hamm 2. und 11. Fam.senat, sowie eines Teils des Schrifttums genügt es, wenn die Betreuungstätigkeit der Mutter mitursächlich für ihre Nichterwerbstätigkeit ist. Die Pflege und Erziehung des Kindes müssen danach nicht der einzige Grund für die Nichterwerbstätigkeit der Mutter sein. Nach dieser Auffassung wollte der Gesetzgeber mit dem Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz vom 21.8.95 und der aufgrund dessen herbeigeführten Wortlautänderung des § 1615 l Absatz 2 Satz 2 BGB die soziale und wirtschaftliche Ausgangslage des nichtehelichen Kindes dadurch verbessern, dass es während der ersten drei Lebensjahre in den Genuß der persönlichen Betreuung durch seine Mutter käme. Mit diesem Ziel des Gesetzgebers wäre es „nach dieser Ansicht- nicht zu vereinen, wenn man der das Kind betreuenden Mutter den Unterhalt nur deshalb versagen würde, weil sie vor der Schwangerschaft nicht erwerbstätig war. Nach Auffassung des 8. FamSenats des OLG Hamm, sowie des OLG Zweibrücken und eines weiteren Teils des Schrifttums ergebe sich aus den Materialien zum Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz aber auch aus dem Umstand der Angleichung des Wortlautes des § 1615 l Absatz 2 Satz 2 BGB an § 1570 BGB das Anspruchserfordernis der ausschließlichen Ursächlichkeit der Kindesbetreuung für die Nichterwerbstätigkeit der Kindesmutter.

Der erstgenannten Auffassung ist den Vorzug zu geben. Weder kann dem Wortlaut von § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB noch seinem Zweck entnommen werden, dass die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes die “ einzige“ Ursache für die Nichterwerbstätigkeit der Mutter sein muß.

Dagegen spricht bereits eine Wortlautgegenüberstellung des § 1615 l Abs. 2 Satz 1 mit Satz 2 BGB. Aus der vom Gesetzgeber gewählten Fassung des Satz 1: – Soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil … – ergibt sich, dass dort einzige Ursachen für die fehlende Erwerbstätigkeit der Mutter die Schwangerschaft oder schwangerschafts- bzw. entbindungsbedigten Krankheit sein muß. Da der Gesetzgeber jedoch in Satz 2 von einer solchen die Ursächlichkeit betreffenden klaren Wortlautfassung absah und sich für eine weniger eindeutige und damit weitere Fassung entschied: “ … soweit von der Mutter wegen der Pflege o. Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann“ zwingt der Wortlaut von Satz 2 keineswegs zu der Auslegung, dass die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes die einzige Ursache für die fehlende Erwerbstätigkeit der Mutter sein muß.

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte der Vater im Hinblick auf Art. 6 V GG durch die Wortlautänderung des § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB mehr in die Verantwortung für sein Kind einbezogen werden, dass dieses die Möglichkeit hat „wie auch eheliche Kinder – durch seine Mutter betreut zu werden. Der Gesetzgeber wollte mit der durch das Schwangeren- und FamiliehilfeänderungsG herbeigeführten Änderung des § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB dem Kind eine Vollbetreuung bis zur Vollendung seines dritten Lebensjahres durch seine Mutter garantieren ( BT-Drs. 13/1840 S. 24 ). Auch hieraus ergibt sich, dass es nach dem Willen des Gesetzgebers allein darauf ankommen sollte, dass die Mutter wegen der tatsächlichen Betreuung des Kindes gleichzeitig einer Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgehen kann. Der einzige Grund für ihre Nichterwerbstätigkeit muß es jedoch nicht sein. Die strenge Kausalitätsbetrachtung liegt neben der Sache. Auch eine vor der Entbindung arbeitslose Frau müßte nach der Entbindung ihre Lebensgewohnheiten aufgeben und das Kind rund um die Uhr betreuen. Die Kindesbetreuung ist stets ein Grund dafür, daß die Kindesmutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen kann. Nicht entscheidend ist es daher, ob sie vor der Geburt des Kindes erwerbstätig war oder nicht.

Dieses Ergebnis kann auch einer systematischen Auslegung des § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB entnommen werden. Um die Betreuungssituation des nichtehelichen Kindes derjenigen der ehelichen Kinder anzupassen, entschloss sich der Gesetzgeber des Schwangeren- und FamilienhilfeänderungsG § 1615 lAbs. 2 Satz 2 BGB an § 1570 BGB anzugleichen. Folglich ist bei der Auslegung von § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB § 1570 BGB mit heranzuziehen.

Auch bei § 1570 BGB ist umstritten, ob Pflege und Erziehung des Kindes die einzige oder nur eine Ursache von möglicherweise mehreren Ursachen für die Nichterwerbstätigkeit der Kindesmutter sein muß. Die Vertreter der sog. monokausalen Betrachtungsweise meinen, dem Wortlaut von § 1570 BGB und dem Willen des Gesetzgebers dazu entnehmen zu können, daß die Kindesbetreuung die einzige Ursache Für die Nichterwebstätigkeit der Mutter sein muß. Nach anderer Auffassung genügt es, wenn die Mutter wegen der Kindesbetreuung nicht auch noch berufstätig sein kann, selbst wenn sie vorher nicht erwerbstätig war. Begründet wird dies mit der überragenden Bedeutung des Kindeswohls. Die letzte Auffassung ist zutreffend.

Dem Wortlaut des § 1570 BGB kann entnommen werden, dass die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes die „einzige“ Ursache für die fehlende Erwerbstätigkeit der Kindesmutter sein muß. Aber auch die Gesetzesmaterialien bestätigen nicht die monokausale Betrachtungsweise. Im Vordergrund der Begründung des nachehelichen Betreuungsunterhaltsanspruch steht vielmehr das Bedürfnis des Kindes nach Pflege und Erziehung ( BT-Drs. 7/650 S.123 ). Voraussetzung für die Zubilligung des nachehelichen Betreuungsunterhaltsanspruchs ist dort der fortbestehende Betreuungsbedarf des Kindes und damit das Kindeswohl. Darauf ob die geschiedene Kindesmutter auch ohne die Kindesbetreuung bedürftig wäre kommt es beim nachehelichen Betreuungsunterhaltsanspruch gem. § 1570 BGB nicht an.

Ergebnis: Gem. 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB genügt es, dass die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes mitursächlich für die Bedürftigkeit der betreuenden Kindesmutter ist. Dies ergibt sowohl die historisch/teleologische und auch die systematische Auslegung von § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB.

Gliederung mit Fundstellen

I. Überblick über sämtliche Ansprüche aus § 1615 l BGB

  • BT-Drs. 5/2370 S. 56
  • Büttner „Unterhalt für die nichteheliche Mutter“ in FamRZ 2000, 781
  • Wever „Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB“ in FF 2000, 20

II. Befristung des Betreuungsunterhaltsanspruchs

  • BT-Drs. 7/650 S. 121-123; BT-Drs. 13/4899 S. 167; BT-Drs. 13/8511 S. 71; BR-Drs. 180/96 S. 99
  • Büttner „Unterhalt für die nichteheliche Mutter“ in FamRZ 2000, 781
  • Empfehlungen des 13. Deutschen Familiengerichtstages in FamRZ 2000, 273
  • Erman/Holzhauer, Handkommentar zum BGB, 10. A. 2000, § 1615 l, Rdnr. 17
  • Peschel-Gutzeit/Jenckel „Gleichstellung von ehelichenund nichtehelichen Kindern“ in FuR 1996, 129
  • Puls „Der Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelichen Kindes“ in FamRZ 1998, 865
  • Schwab Familienrecht 10. A.1999, Rdnr. 774
  • Wellenhofer-Klein „Die mittelbare Diskriminierung des nichtehelichen Kindes durch § 1615 l BGB“ in FuR 1999, 448
  • Wever „Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB“ in FF 2000, 20

III. Fragen im Zusammenhang mit der Bedürftigkeit der Kindesmutter

  • BT-Drs. 5/2370 S. 57
  • Gernhuber/Coestjer-Waltjen, Familienrecht, 4.A. 1995, S. 667
  • Göppinger/Wax/Maurer u.a., Unterhaltsrecht, 7. A. 2000, Rdnr. 1265, 1237
  • Wever „Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB“ in FF 2000, 20
  • OLG Hamm FF 2000, 137

IV. Zum Unterhaltsmaß

  • BT-Drs. 7/650 S. 136
  • Bäumel/Maurer u.a., Familienrechtsreformkommentar, 1998, § 1615 l BGB, Rdnr. 5, 24
  • Büttner „Unterhalt für die nichteheliche Mutter“ in FamRZ 2000, 781
  • Erman/Holzhauer, Handkommentar zum BGB, 10. A. 2000, § 1615 l, Rdnr. 18
  • Puls „Der Betreuungsunterhalt der Mutter eines nichtehelichen Kindes“ in FamRZ 1998, 865
  • Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts, 4. A. 2000, Teil IV, Rdnr. 1377
  • Wever „Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB“ in FF 2000, 20
  • OLG Hamm FF 2000, 38; OLG Koblenz FamRZ 2000, 637; RGZ 152,356, 359