Das private Versicherungsrecht ab 1. Januar 2008
Die wesentlichen Änderung des neuen Versicherungsvertragsgesetzes
Seit dem 01. Januar 2008 ist das neue Versicherungsvertragsgesetz in Kraft. Dieses bringt für Versicherungsnehmer eine Reihe wichtiger Verbesserungen. Denn durch die neuen Regelungen wurden die Rechte der Versicherungsnehmer gegenüber den Versicherungen in vielen Bereichen erheblich gestärkt und die Transparenz im gesamten Versicherungsrecht verbessert.
Nach den neuen Regelungen können sich Versicherungsnehmer heute einfacherer und umfassender als bisher über ihre Rechte und Pflichten informieren. Zudem müssen die Versicherungen den Versicherungsnehmern vor Vertragsschluss die wesentlichen Unterlagen und Informationen zur Verfügung stellen.
Durch die Neuregelung des Versicherungsvertragsgesetzes ist die Versicherung nunmehr verpflichtet, dem Versicherungsnehmer vor Vertragsschluss ein sog. Produktinformationsblatt zu überreichen. Auf dem Produktinformationsblatt sind die Informationen enthalten, die für den Abschluss oder die Erfüllung des Versicherungsvertrages von besonderer Bedeutung sind. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass das Produktinformationsblatt lediglich einen ersten Überblick über das angebotene Produkt vermitteln kann. Weitere Information finden sich im Versicherungsschein und in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen.
Eine wesentliche Neuerung besteht darin, dass die Versicherung neben der umfassenden Informationspflicht durch die Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes nunmehr auch verpflichtet ist, den Versicherungsnehmer umfassend zu beraten. Vor Vertragsschluss ist der Versicherungsnehmer daher umfassend nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und über das für ihn in Betracht kommende Produkt zu informieren. Die Versicherung bzw. der das Produkt vermittelnde Berater sind verpflichtet, diese Beratung auch zu dokumentieren.
Doch auch den Versicherungsnehmer treffen bei Abschluss eines Versicherungsvertrages Pflichten. So ist der Versicherungsnehmer bei der Antragstellung verpflichtet, die in dem Antragsformular gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Durch die Änderungen im Versicherungsvertragsgesetz ist der Versicherungsnehmer jedoch nur insoweit verpflichtet, als ihm ausdrückliche und präzise Fragen von der Versicherung gestellt werden.
Nach wie vor gilt, dass die Versicherung vom Vertrag – auch noch nach mehreren Jahren – zurücktreten kann, wenn der Versicherungsnehmer bei der Antragstellung falsche Angaben gemacht hat. Durch die Neuregelung kann die Versicherung bei Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht jedoch nur noch dann zurücktreten, wenn der Versicherungsnehmer mindestens grob fahrlässig (besonders unsorgfältiges Verhalten ohne Schädigungsabsicht) gehandelt hat.
Bestand nach den alten Regelungen des Versicherungsvertragsgesetz das Rücktrittsrecht der Versicherung stets dann, wenn die Versicherung in Kenntnis des verschwiegenen Umstandes den Versicherungsvertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätte, so gilt nunmehr, dass Rücktritt und Kündigung für die Versicherung nur für den Fall möglich ist, wenn die Versicherung bei Kenntnis des verschwiegenen Umstandes den Vertrag überhaupt nicht geschlossen hätte. Für den Versicherungsnehmer ist in diesem Zusammenhang wichtig zu wissen, dass die Versicherung diese Rechte nur dann hat, wenn sie den Versicherungsnehmer durch eine gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen der Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Außerdem muss die Versicherung diese Rechte innerhalb eine Monats, nachdem sie von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erlangt hat, ausüben.
Ist der Vertrag zwischen dem Versicherungsnehmer und der Versicherung geschlossen worden, so kann der Versicherungsnehmer aufgrund der Neuregelungen im Versicherungsvertragsgesetz nach Vertragsschluss den Versicherungsvertrag innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Die Zwei- Wochen Frist beginnt erst dann zu laufen, wenn dem Versicherungsnehmer die vollständigen Vertragsunterlagen sowie eine Belehrung über das Widerrufsrecht ausgehändigt worden sind. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Widerruf in Textform erfolgen muss (E- Mail, Brief, Fax). Für den Abschluss einer Lebensversicherung gilt eine 30- tägige Widerrufsfrist.
Kommt es bei einem bestehenden Versicherungsverhältnis zu einem Versicherungsfall, hat die Versicherung die vereinbarte Versicherungsleistung zu erbringen. Als Versicherungsfall bezeichnet man den Eintritt eines Ereignisses, aufgrund dessen die Versicherung die vereinbarte Leistung zu erbringen hat. Dies setzt jedoch voraus, dass der Versicherungsnehmer die vereinbarten Versicherungsprämien rechtzeitig und vollständig entrichtet hat.
Der Versicherung steht ein Rücktrittsrecht zu, soweit die Erstprämie bei Versicherungsbeginn nicht rechtzeitig bezahlt wurde. Bei Eintritt des Versicherungsfalles wird die Versicherung dann von ihrer Leistungspflicht frei. Nach der Neuregelung gilt dies jedoch nur für den Fall, dass die Versicherung den Versicherungsnehmer über diese Rechtsfolge in Textform oder durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein aufmerksam gemacht hat.
Soweit der Versicherungsnehmer mit einer Folgeprämie in Verzug ist, muss die Versicherung den Versicherungsnehmer zunächst auffordern, den fälligen Betrag innerhalb von zwei Wochen zu zahlen und darauf hinweisen, dass nach Ablauf der Frist ein Kündigungsrecht und im Falle eines Versicherungsfalles Leistungsfreiheit besteht.
Leistungsfreiheit besteht für die Versicherung auch dann, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich, d. h. bewusst und gewollt herbeigeführt hat. Nach den alten Regelungen im Versicherungsvertragsgesetz wurde die Versicherung schon dann von ihrer Leistungspflicht befreit, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig (s. o.) herbeigeführt hatte. Durch die Neuregelung gilt jedoch, dass die Versicherung bei grober Fahrlässigkeit die Versicherungsleistung nur entsprechend der Schwere des Verschuldens kürzen darf.
Zudem hat der Gesetzgeber bei den Laufzeiten zu Gunsten der Versicherungsnehmer eine Änderung herbeigeführt. Zwar gilt, dass grundsätzlich bei Versicherungsverträgen mit fester Laufzeit eine ordentliche Kündigung nicht möglich ist. Durch die Neuregelung kann der Versicherungsnehmer bei Verträgen, die für die Dauer von mehr als drei Jahren geschlossen worden sind, den Vertrag jedoch mit einer dreimonatigen Frist zum Schluss des dritten oder jedes darauffolgenden Jahres kündigen.
Auch liegt eine erhebliche Besserstellung des Versicherungsnehmers darin, dass der Versicherungsnehmer durch die Neuregelung im Versicherungsvertragsgesetz bei dem Gericht klagen kann, welches zur Zeit der Klageerhebung für seinen Wohnsitz zuständig ist. Dies unabhängig davon, ob der Versicherungsvertrag durch einen Versicherungsagenten oder Versicherungsmakler vermittelt wurde. Damit erspart sich der Versicherungsnehmer eine lästige und aufwendige Suche, bei welchem Gericht er die Versicherung verklagen kann.
Das neue Versicherungsvertragsgesetz ist bereits am 01. Januar 2008 in Kraft getreten. Es gilt damit ausnahmslos für alle Verträge, die ab diesem Tag neu abgeschlossen werden. Auf Altverträge, d. h. auf Verträge die am 01. Januar 2008 schon bestanden haben, werden die Regelungen des neuen Versicherungsvertragsgesetzes erst ab dem 01. Januar 2009 anwendbar sein. Bis zu diesem Zeitpunkt gelten die alten Vorschriften.
Dem Versicherungsnehmer ist zu raten, dass er vor Vertragsschluss darauf achtet, dass er umfangreich beraten und belehrt wird. Im Falle eines Versicherungsfalles sollte sich der Versicherungsnehmer nicht damit zufrieden geben, wenn die Versicherung sich auf Leitungsfreiheit beruft. Durch die Neuregelungen des Versicherungsvertragsgesetzes gibt es nur noch wenige Ausnahmefälle, in denen es zu einer vollständigen Leistungsfreiheit der Versicherung kommt. Im Falle der Leistungsverweigerung durch die Versicherung, kann der Versicherungsnehmer nunmehr bequem bei dem Gericht klagen kann, welches zur Zeit der Klageerhebung für seinen Wohnsitz zuständig ist.
Die frühwew 6 monatige Präklusionsfrist ist aufgehoben worden! Der Versicherungsnehmer kann seine Ansprüche gegen die Versicherung fortan innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist geltend machen!