in: VersR 2009, 1050-1053
Normen: § 398 BGB, § 399 Alt 1 BGB, § 401 BGB, § 412 BGB, § 1922 BGB, § 116 SGB 10, § 116 Abs 1 S 1 SGB 10, § 294a SGB 5
Zusammenfassende Darstellung des Aufsatzes
Frau Dr. Ruth Schultze-Zeu bespricht in ihrem Beitrag zustimmend die Entscheidung des OLG München vom 9.10.2008 (Az.: 1 U 2500/08, veröffentlicht in VersR 2009, 982) zur Durchsetzung zivilrechtlicher Auskunftsansprüche aus einem – die Krankenunterlagen eines Patienten betreffenden – Akteneinsichtsrecht des Patienten, seiner Erben und der Krankenkassen gegen Ärzte, Kliniken und Pflegeheime. Zunächst beschreibt sie nach einer kurzen Einleitung kurz die Ausgangssituation des zugrunde liegenden Falles, in der die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Herausgabe von Krankenunterlagen ihres verstorbenen Ehemannes geltend macht, um sodann den Übergang eines Auskunftsanspruchs in Krankenunterlagen eines Patienten auf seine Erben und auf die Krankenkasse als Hilfsrecht für die Durchsetzung etwaiger Schadensersatzansprüche näher zu beleuchten. Anknüpfend an ein Urteil des BGH vom 31.05.1983 (Az.: veröffentlicht in VersR 1983, 834) zur Frage des gesetzlichen Übergangs von Auskunftsrechten des Versicherten auf seine Krankenkasse stimmt die Verfasserin mit dem OLG München überein, dass ein Akteneinsichtsrecht eines Patienten in seine Krankenunterlagen gem. § 1922 BGB vererbbar ist und auch, dass ein solcher Anspruch grundsätzlich übergangsfähig ist von Erben auf Dritte gem. § 401 BGB analog in Hinblick auf die Abtretung eines Schadensersatzanspruches aus dem Behandlungsvertrag, auf den sich das Akteneinsichtsrecht als Nebenrecht bezieht. Die Verfasserin erläutert mit Blick auf den Zweck des Akteneinsichtsrecht und seines einerseits höchstpersönlichen und andererseits vermögensrechtlichen Teils, dass dieses Einsichtsrecht vom Bestehen eines etwaigen Schadensersatzanspruches abhängig ist und somit als Nebenrecht zu diesem zu sehen ist. Das Einsichtsrecht geht demnach grundsätzlich gem. § 401 BGB analog, der gem. § 412 BGB auch auf einen gesetzlichen Forderungsübergang wie den des § 116 SGB X Anwendung findet, automatisch mit der Hauptforderung auf den neuen Gläubiger über. Voraussetzung sei allerdings, dass ein Übergangsausschluss wegen Inhaltsänderung infolge Gläubigerwechsels nicht vorliegt. Weitere Voraussetzung sei, dass der Patient tatsächlich oder mutmaßlich mit dem Übergang einverstanden ist, wovon in der Regel auszugehen ist. In einem weiteren Punkt geht die Verfasserin auf die Frage der Beweislastverteilung ein, in der sie ebenfalls den Ausführungen des Gerichts zustimmt. Hiernach muss die das Akteinsichtsrecht geltend machende Person darlegen, dass sie Inhaberin eines entsprechenden Schadensersatzanspruches ist und dass das Vorliegen eines solchen nur mit den entsprechenden Informationen aus den Krankenunterlagen einzuschätzen ist. Die auskunftspflichtige Person trifft hingegen die Beweislast dafür, dass der verstorbene Patient nicht mit der Akteneinsicht einverstanden gewesen wäre, da von einem solchen tatsächlichen oder mutmaßlichen Einverständnis in der Regel auszugehen ist. In einem letzten Punkt erörtert die Verfasserin die Konsequenzen der Entscheidung für den Auskunftsanspruch der Krankenkassen, auf die gem. § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X kraft Gesetzes zivilrechtliche Schadensersatzansprüche des Versicherten übergehen, wenn sie dem Versicherten Sozialleistungen gewähren muss. Der Ansicht des Gerichts folgend bejaht die Verfasserin den Übergang des Akteneinsichtsanspruchs des Patienten als Hilfsrecht des übergegangenen Schadensersatzanspruchs gem. §§ 116 SGB X, 412 BGB, 401 BGB analog, sofern das Wesen dieses Anspruchs einem Gläubigerwechsel nicht entgegensteht. Auch in diesem Zusammenhang gelten die Grundsätze zur tatsächlichen bzw. mutmaßlichen Einwilligung des Patienten und zur Beweislastverteilung. Die Verfasserin geht abschließend noch auf das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke ein und bejaht diese unter Erläuterung und Ablehnung des § 294a SGB V auf das zivilrechtliche Akteneinsichtsrecht, so dass eine analoge Anwendung des § 401 BGB möglich ist. In einem kurzen Fazit fasst die Autorin die wesentlichen Ergebnisse der Entscheidung nochmals zusammen.
OLG München 1. Zivilsenat, 9. Oktober 2008, 1 U 2500/08
BGH 6. Zivilsenat, 31. Mai 1983, VI ZR 259/81
