{"id":2001,"date":"2020-02-12T13:52:31","date_gmt":"2020-02-12T12:52:31","guid":{"rendered":"https:\/\/ratgeber-arzthaftung.de\/de\/?p=2001"},"modified":"2024-03-13T21:18:04","modified_gmt":"2024-03-13T20:18:04","slug":"cytotec-aerzte-verwenden-umstrittenes-medikament-in-der-geburtshilfe","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/ratgeber-arzthaftung.de\/de\/cytotec-aerzte-verwenden-umstrittenes-medikament-in-der-geburtshilfe\/","title":{"rendered":"Cytotec – \u00c4rzte verwenden umstrittenes Medikament in der Geburtshilfe"},"content":{"rendered":"
Laut BfArM geht aus den neuen Fallberichten auch hervor, „dass den Patientinnen h\u00e4ufig Teildosen der sechseckigen Cytotec 200 Mikrogramm-Tablette verabreicht wurden, obwohl diese nicht zur Teilung konzipiert ist, so dass eine ungenaue Dosierung resultiert.“ Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt eine Einzeldosis von 25 Mikrogramm, quasi ein Achtel der Cytotec-Tablette.<\/p>\n
Verwenden \u00c4rzte Medikamente im sogenannten Off-Label-Use, m\u00fcssen sie – beziehungsweise die Klinik – im Falle einer Klage pers\u00f6nlich haften. Die Berliner Medizinanw\u00e4ltin Ruth Schultze-Zeu vertritt vor Gericht M\u00fctter und Kinder, die einen Geburtsschaden erlitten haben und einen Zusammenhang mit Cytotec<\/a> vermuten.<\/em><\/p>\n Nach den Berichten von\u00a0BR und SZ h\u00e4tten sich bei ihr mehr als 100 mutma\u00dflich betroffene Frauen gemeldet, berichtet die Anw\u00e4ltin. Derzeit sichtet sie die neuen F\u00e4lle, darunter seien Geb\u00e4rmutterrisse und bei einem Bruchteil auch Sch\u00e4digungen bei Kindern. Nach Worten der Anw\u00e4ltin ist der Rote-Hand-Brief „ein wunderbares Beweismittel“, denn er zeige klar die Risiken von Cytotec auf sowie die zugelassenen Alternativen dazu. „Jeder Gerichtsgutachter wird sich jetzt mit dem Statement der Bundesbeh\u00f6rde auseinandersetzen m\u00fcssen“, sagt Schultze-Zeu.“<\/em><\/p>\n Das Bundesinstitut f\u00fcr Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM<\/abbr>) informiert, dass zahlreiche, neue Berichte \u00fcber schwere Nebenwirkungen bei der Anwendung von Cytotec\u00ae au\u00dferhalb der zugelassenen Indikation vorliegen. Das Arzneimittel Cytotec\u00ae ist nicht zur Geburtseinleitung zugelassen. Cytotec\u00ae-Tabletten sind nicht f\u00fcr eine Teilung konzipiert, so dass bei Teilung eine korrekte Dosierung nicht gew\u00e4hrleistet werden kann. Cytotec\u00ae ist lediglich zur oralen Einnahme vorgesehen.<\/p>\n Rote-Hand-Brief zu Cytotec\u00ae (Misoprostol): Risiken im Zusammenhang mit einer Anwendung zur Geburtseinleitung au\u00dferhalb der Zulassung (\u201eoff-label-use\u201c)\u00a0(PDF, 235KB, barrierefrei \u2044 barrierearm)<\/a><\/p>\n ++++++++++++++++++++++++++++<\/strong><\/p>\n In vielen deutschen Kliniken wird das Medikament Cytotec von \u00c4rzten verwendet, um Wehen einzuleiten, obwohl es daf\u00fcr gar nicht zugelassen wird. Oft kommt es dabei zu schweren Nebenwirkungen, einige M\u00fctter starben, nachdem ihre Geb\u00e4rmutter nach der Gabe von Cytotec gerissen war. Der Hersteller nahm die Arznei schon 2006 vom deutschen Markt, weil es zu oft au\u00dferhalb des vorgesehenen Anwendungsbereichs verwendet wurde. Der f\u00fcr die \u00dcberwachung zust\u00e4ndigen Beh\u00f6rde liegen nur unzureichende Daten vor.<\/strong><\/p>\n Ein Artikel von Katrin Langhans<\/a> in der S\u00fcddeutschen Zeitung<\/a><\/p>\n Jede zweite Klinik in Deutschland verwendet einer Umfrage der Universit\u00e4t L\u00fcbeck zufolge ein Medikament zur Einleitung von Geburten, das gar nicht f\u00fcr diesen Zweck zugelassen ist. Recherchen der S\u00fcddeutschen Zeitung und des Bayerischen Rundfunks zeigen, dass es nach der Gabe der Tablette Cytotec zu schweren Komplikationen im Zusammenhang mit dem Medikament kommen kann: In seltenen F\u00e4llen verstarben M\u00fctter, nachdem ihre Geb\u00e4rmutter nach der Gabe von Cytotec gerissen war. Kinder kamen mit einem Hirnschaden zur Welt, weil sie einen Sauerstoffmangel unter der Geburt erlitten, mehrere Babys verstarben in Deutschland und Frankreich. Das geht aus Gutachten, Fallstudien, Klageschriften und Gerichtsurteilen hervor, die BR und SZ vorliegen.<\/p>\n Cytotec ist ein Magenschutzmittel, das \u00c4rzte daf\u00fcr verwenden, F\u00f6ten abzutreiben und Wehen einzuleiten, weil man zuf\u00e4llig entdeckt hat, dass es die Geb\u00e4rmutter anregt. Die amerikanische Beh\u00f6rde FDA und die franz\u00f6sische Gesundheitsbeh\u00f6rde ANSM warnen vor Cytotec, weil die Tablette starke Nebenwirkungen hat. Der Hersteller Pfizer nahm das Medikament 2006 vom deutschen Markt, weil es zu oft au\u00dferhalb des vorgesehenen Anwendungsbereiches verwendet wurde. Pfizer schreibt auf Anfrage, es gebe bis heute keine ausreichenden, randomisierten und verblindeten Studien, die eine Anwendung zur Einleitung der Geburt rechtfertigen w\u00fcrden.<\/p>\n \u00c4rzte k\u00f6nnen Cytotec aber weiterhin innerhalb ihrer Therapiefreiheit verwenden, wenn sie Frauen dar\u00fcber aufkl\u00e4ren. Auch die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt den Wirkstoff Misoprostol, der in der Tablette steckt, allerdings in geringen Dosen von 25 Mikrogramm. Recherchen von SZ und BR zufolge verabreichen \u00c4rzte mitunter das Doppelte bis Vierfache. Eine optimale Dosis wurde nie festgelegt, was daran liegt, dass das Mittel f\u00fcr die Geburtseinleitung niemals eine Zulassungsstudie durchlaufen hat und sich \u00c4rzte auf Erfahrungswerte und Anwendungsbeobachtungen st\u00fctzen.<\/p>\n Wegen der fehlenden Daten l\u00e4sst sich nur schwer einsch\u00e4tzen, wie gro\u00df das Problem von Todesf\u00e4llen und Gehirnsch\u00e4digungen in absoluten Zahlen ist. „Es ist schon lange an der Zeit diesen Unsinn mit Cytotec zu beenden“, sagt Peter Husslein, Professor f\u00fcr Geburtshilfe und Leiter der Universit\u00e4ts-Frauenklinik Wien. „Das Mittel ist weitestgehend unkontrollierbar und es gibt viel zu wenig Untersuchungen“, sagt Husslein. „Es hat viele m\u00fctterliche Todesf\u00e4lle verursacht.“<\/p>\n Dem Bundesinstitut f\u00fcr Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das Arzneimittel \u00fcberwacht, liegen nur unvollst\u00e4ndige Daten zu den Nebenwirkungen des Medikaments vor, was mitunter daran liegt, das \u00c4rzte Komplikationen schlampig melden. Nicht einmal der Todesfall einer Mutter, die im Zusammenhang mit der Gabe der Tablette verstarb, liegt der Beh\u00f6rde nach Recherchen von SZ und BR vor.<\/p>\n Betroffene, die einen Geburtsschaden in Verbindung mit Cytotec vermuten, k\u00f6nnen sich an ihre Krankenkasse wenden, um den Fall pr\u00fcfen zu lassen oder die Nebenwirkung selbst unter www.nebenwirkungen.pei.de an die deutsche \u00dcberwachungsbeh\u00f6rde melden. Als Kriterium f\u00fcr eine Meldung reicht der Verdacht, Betroffene m\u00fcssen die Kausalit\u00e4t nicht belegen.<\/p>\n Den Artikel k\u00f6nnen Sie auf der Website der S\u00fcddeutschen Zeitung nachlesen. Au\u00dferdem ist er in der Druckausgabe der S\u00fcddeutschen Zeitung vom 12.02.2020 (Seite 3) erschienen. Die Druckausgabe des Artikels inklusive zweier Fallberichte k\u00f6nnen Sie hier als PDF nachlesen<\/a>.<\/strong><\/p>\nRote-Hand-Brief zu Cytotec\u00ae (Misoprostol): Risiken im Zusammenhang mit einer Anwendung zur Geburtseinleitung au\u00dferhalb der Zulassung (\u201eoff-label-use\u201c)<\/a><\/h3>\n
Datum<\/span>16.03.2020<\/span>
\nWirkstoff <\/span>Misoprostol<\/span><\/h3>\nArtikel in der S\u00fcddeutschen Zeitung vom 12.02.2020 (Seite 3)<\/strong><\/h1>\n
Fehlende Daten erschweren die \u00dcberwachung<\/h3>\n