{"id":861,"date":"2016-06-07T15:51:12","date_gmt":"2016-06-07T13:51:12","guid":{"rendered":"https:\/\/ratgeber-arzthaftung.de\/de\/?page_id=861"},"modified":"2019-11-28T16:56:39","modified_gmt":"2019-11-28T15:56:39","slug":"durchsetzung-von-regressanspruechen-bei-sturzfaellen-in-pflegeheimen","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/ratgeber-arzthaftung.de\/de\/rechtsgebiete\/anwalt-haftung-pflegeheime\/durchsetzung-von-regressanspruechen-bei-sturzfaellen-in-pflegeheimen\/","title":{"rendered":"Durchsetzung von Regressanspr\u00fcchen bei Sturzf\u00e4llen in Pflegeheimen"},"content":{"rendered":"
Welche Voraussetzungen m\u00fcssen vorliegen, damit ein Sturzfall erfolgreich reguliert werden kann?<\/p>\n
Diese m\u00fcssen von der Krankenkasse bewiesen werden.<\/p>\n
Wie lassen sich- die Verletzung eines Pflegefehlers und- der Ursachenzusammenhang zwischen der Verletzung dieses Pflegefehlers und dem eingetretenen K\u00f6rperschaden beweisen?<\/p>\n
Durch ein geriatrisches Sachverst\u00e4ndigengutachten (weniger gut: ein Gutachten durch eine Pflegefachkraft).<\/p>\n
Dabei wertet der Gutachter s\u00e4mtliche Unterlagen des Pflegeheimes sowie \u00e4rztliche Unterlagen und auch Unterlagen des MDK betreffend den verletzten Bewohner aus. Bei Dokumentationsl\u00fccken greifen Beweiserleichterungen.<\/p>\n
Insgesamt spielt daher auch die Frage m\u00f6glicher Beweiserleichterungen bei der Bearbeitung von Sturzf\u00e4llen eine bedeutende Rolle.<\/p>\n
Nur wenn man den Pflichtenkatalogkatalog eines Pflegeheimes kennt, kann man umfassend pr\u00fcfen, ob das Pflegeheim bzw. ein Pfleger diese Pflicht verletzt hat.Nachfolgend werden die Pflegeheimpflichten in einer logisch chronologischen Reihenfolge dargelegt:<\/p>\n
Ma\u00dfstab f\u00fcr den Umfang der vertraglich \u00fcbernommenen Schutzpflichten eines Pflegeheimes ist das Ausma\u00df der Betreuungsbed\u00fcrftigkeit des Bewohners. Den Inhalt dieser Schutzpflichten konkretisieren- das Sozialgesetzbuch XI- das Heimgesetz- seine Verordnungen- die Qualit\u00e4tsvereinbarung aufgrund von \u00a7 80 SGB XI und- die in den Bundesl\u00e4ndern f\u00fcr Pflegeheime verbindlichen in Kraft gesetzten Rahmenvertr\u00e4ge.<\/p>\n
S\u00e4mtliche Pflichten sind unter Beachtung des allgemein anerkannten Standes gegenw\u00e4rtig medizinisch pflegerischer Erkenntnisse gem. \u00a7 28 Abs. 3 SGB XI, \u00a7 11 Abs. 1 Satz 1 SGB XI sowie \u00a7 2 Abs. 1 Zif. 5 und \u00a7 3 Abs.1 Heimgesetz zu erbringen.<\/p>\n
1. Ein Heim darf einen hilfebed\u00fcrftigen Bewohner nur aufnehmen, wenn sichergestellt ist, dass die Zahl der Besch\u00e4ftigten im Heim und die pers\u00f6nliche und fachliche Eignung der Besch\u00e4ftigten f\u00fcr die vom Heim zu leistende umfassende Pfleget\u00e4tigkeit ausreicht. Diese Pflicht ist im \u00a7 11 Abs. 2 Heimgesetz ausdr\u00fccklich geregelt.<\/p>\n
2. Das Pflegeheim ist verpflichtet, zum Zeitpunkt der Aufnahme des Bewohners in das Heim eine umfassende Anamneseerhebung durchzuf\u00fchren. Die Pflicht zur umfangreichen Anamneseerhebung ist ausdr\u00fccklich in der Qualit\u00e4tsvereinbarung vom 16.03.2003 unter Zif. 1.2 sowie ab Zif. 3 festgelegt. In Zif. 3.1.1.2 der Qualit\u00e4tsvereinbarung vom 16.03.2003 steht:<\/p>\n
„Der Umzug in die Einrichtung wird dem zuk\u00fcnftigen Bewohner und seinen Angeh\u00f6rigen vorbereitet. Hierzu soll ein Besuch in der eigenen H\u00e4uslichkeit oder im Krankenhaus durchgef\u00fchrt werden. Dabei sind u.a. der Hilfebedarf, die gew\u00fcnschten bzw. notwendigen Versorgungsleistungen und die individuellen Gewohnheiten der zuk\u00fcnftigen Bewohner zu besprechen.“<\/p>\n
Zif. 1.2 der Qualit\u00e4tsvereinbarung vom 16.03.2003 lautet: „Es geht bei u. a. um die Pflegeanamnese und -planung, die Ermittlung des Versorgungsbedarfes und die Planung, Koordinierung und Ausf\u00fchrung der Leistungen sowie deren Dokumentation.“<\/p>\n
Die Pflicht zur umfangreichen Anamneseerhebung im Zeitpunkt der Heimaufnahme ergibt sich au\u00dferdem aus dem Expertenstandard zur Sturzprophylaxe, herausgegeben vom Deutschen Netzwerk f\u00fcr Qualit\u00e4tsentwicklung in der Pflege von 2004.<\/p>\n
3. Zur Anamneseerhebung geh\u00f6rt auch die Pflicht zur Ermittlung der Sturzrisiken zum Zeitpunkt der Heimaufnahme sowie bei Wechsel des Bewohners in eine h\u00f6here Pflegestufe.<\/p>\n
Zur Ermittlung von Sturzrisiken muss das Pflegeheim, vertreten durch eine Pflegefachkraft, die nachfolgende Checkliste mit dem Bewohner durchgehen:<\/p>\n
Wann lagen Risikofaktoren vor ?<\/p>\n
Liegen mehrere Sturzrisiken gleichzeitig vor, ist von einem erh\u00f6hten Sturzrisiko auszugehen.<\/p>\n
Empfehlung an die Krankenkasse: Sinnvoll ist es, in den Unfallfragenkatalog der Krankenkasse zuk\u00fcnftig die Frage nach dem Vorliegen von Sturzrisiken mit aufzunehmen, z. B. durch Verwendung einer etwas gek\u00fcrzten Checkliste.<\/p>\n
Zif. 3.1.1.3 der Qualit\u00e4tsvereinbarung vom 16.03.2003 lautet:<\/p>\n
„F\u00fcr jeden Bewohner ist eine individuelle Pflegeplanung unter Einbezug der Informationen des Bewohners, der Angeh\u00f6rigen oder anderer an der Pflege Beteiligten durchzuf\u00fchren. Die Empfehlungen des MDK nach \u00a7 18 Abs. 5 SGB XI werden ber\u00fccksichtigt. Die M\u00f6glichkeiten der aktivierenden Pflege und die beim Bewohner vorhandenen Ressourcen und F\u00e4higkeiten zur Einbeziehung in den Pflegeprozess sind herauszuarbeiten und die Pflegeziele festzulegen. Den individuellen W\u00fcnschen und Bed\u00fcrfnissen des Bewohners ist dabei Rechnung zu tragen.“<\/p>\n
Wird aufgrund der Anamneseerhebung ein erh\u00f6htes Sturzrisiko beim Bewohner festgestellt, so ist hieran die Pflegeplanung und der Versorgungsbedarf auszurichten (vgl. Zif. 1.2 und Zif. 3 der Qualit\u00e4tsvereinbarung vom 16.12.2003 sowie die Standards zur Sturzprophylaxe des Deutschen Netzwerks f\u00fcr Qualit\u00e4tsentwicklung in der Pflege von 2004, dort S. 29 ff.).<\/p>\n
Die Pflegeplanung muss dann im Einzelnen die prophylaktischen Ma\u00dfnahmen und Hilfsmittel nennen, die in konkreten Fall zu ergreifen sind. Die Planung hat die Pflegefachkraft aufkl\u00e4rend mit dem Bewohner zu besprechen. Insbesondere ist der Bewohner \u00fcber sein Sturzrisiko und \u00fcber die zur Verf\u00fcgung stehenden Abwendungsm\u00f6glichkeiten aufzukl\u00e4ren (so auch ausdr\u00fccklich OLG Dresden, Urteil vom 17.01.2006, AZ: 2 U 753\/04).<\/p>\n
Nun zu den sturzprophylaktischen Ma\u00dfnahmen im Einzelnen:<\/p>\n
\u00a7 K\u00f6rperliche \u00dcbungen zur Steigerung der Kraft und Balance \u00a7 \u00dcberpr\u00fcfung der Medikation<\/p>\n
\u00a7 Verbesserung der Sehf\u00e4higkeit<\/p>\n
\u00a7 \u00dcberpr\u00fcfung der Qualit\u00e4t der Hilfsmittel; gegebenenfalls Instandsetzung<\/p>\n
\u00a7 Angebot von H\u00fcftprotektoren:<\/p>\n
„Das Deutsche Netzwerk f\u00fcr Qualit\u00e4tsentwicklung in der Pflege hat in seinem herausgegebenen Werk betreffend die Standards zur Sturzprophylaxe ausdr\u00fccklich festgestellt, dass H\u00fcftprotektoren die einzige nicht medikament\u00f6se Intervention darstellen, die effektiv h\u00fcftgelenksnahe Frakturen vorzubeugen vermag (S. 58).“<\/p>\n
\u00a7 Angebot von Rollatoren, St\u00f6cken, Rollst\u00fchlen und sonstige Gehhilfen<\/p>\n
\u00a7 Ausschaltung von Sturzgefahren in der Einrichtung<\/p>\n
\u00a7 Griff – und Haltem\u00f6glichkeiten beim Aufstehen; beidseitige Handl\u00e4ufe gem\u00e4\u00df \u00a7 3 HeimMindBau VO<\/p>\n
\u00a7 Schaffung von geringen H\u00f6hen bei Sitz – und Liegem\u00f6beln, \u00a7 Sensormatratzen und Lichtschutzschranken,<\/p>\n
\u00a7 sedierende Medikamente (vgl. auch die Standards zur Sturzprophylaxe, herausgegeben vom Deutschen Netzwerk f\u00fcr Qualit\u00e4tsentwicklung in der Pflege 2004).<\/p>\n
Ist eine Aufkl\u00e4rung zur Sturzprophylaxe wegen Demenz nicht m\u00f6glich, ist der Betreuer einzuschalten. Sind aufgrund zahlreich vorliegender Sturzrisiken Freiheit einschr\u00e4nkende Ma\u00dfnahmen erforderlich, ist zudem rechtzeitig die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts einzuholen (so auch LG M\u00f6nchengladbach, 24.10.03, AZ: 2 S 81\/03 und OLG Frankfurt\/M, Urteil vom 11.2.02, AZ: 22 U 98\/99).<\/p>\n
Als Mittel der Freiheitsbeschr\u00e4nkung kommen mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder sonstige Vorkehrungen in Betracht, insbesondere:<\/p>\n
Zum medizinisch – pflegerischen Standard geh\u00f6rt es, dass die Pflegefachkraft bei Bedarf, d. h. insbesondere bei k\u00f6rperlicher Verschlimmerung, eine neue Anamnese erhebt und daran eine neue Pflegeplanung anschlie\u00dft. Unter 3.1.1.3. der Qualit\u00e4tsvereinbarung vom 16.12.2003 steht ausdr\u00fccklich:<\/p>\n
„Die individuelle Pflegeplanung muss der Entwicklung des Pflegeprozesses entsprechend kontinuierlich aktualisiert werden, und dazu geh\u00f6rt auch eine geeignete Pflegedokumentation.“<\/p>\n
Aber auch in den vom deutschen Netzwerk f\u00fcr Qualit\u00e4tsentwicklung in der Pflege herausgebenden Sturzprophylaxestandards ist eine solche Pflicht ausdr\u00fccklich festgehalten (vgl. auch Ziffer 4 des Rahmenvertrages vom 16.12.2003. Diese lautet unter anderem:<\/p>\n
„Die Durchf\u00fchrung der Pflegeinterventionen ist erkennbar auf Wohlbefinden, Unabh\u00e4ngigkeit… und Pr\u00e4vention gerichtet.“<\/p>\n
Hierbei gilt die im \u00a7 14 Abs. 4 StGB XI beschriebene Aufgabenunterteilung:<\/p>\n
a) K\u00f6rperpflege<\/p>\n
b) Ern\u00e4hrung<\/p>\n
c) Mobilit\u00e4t<\/p>\n
\u00a7 1 des aufgrund \u00a7 75 StGB XI ergangenen Rahmenvertrages sieht vor:<\/p>\n
„Inhalt der Pflegeleistungen sind die im Einzelfall erforderlichen Hilfen zur Unterst\u00fctzung, zur teilweisen oder zur vollst\u00e4ndigen \u00dcbernahme der Aktivit\u00e4ten im Ablauf des t\u00e4glichen Lebens….“<\/p>\n
(vgl. \u00a7 2 Abs. 1 Ziffer 1 Heimgesetz, Ziffer 4 der Qualit\u00e4tsvereinbarung vom 16.12.2003).<\/p>\n
Das Pflegeheim muss insbesondere personell so ausgestattet sein, dass es seine s\u00e4mtlichen oben genannten Pflichten aus dem Heimvertrag, dem StGB XI, der Qualit\u00e4tsvereinbarung vom 16.12.2003 sowie des aufgrund von \u00a7 75 StGB XI ergangenen Rahmenvertrages erf\u00fcllen kann. Dabei schuldet es den allgemein anerkannten gegenw\u00e4rtigen Stand medizinsich-pflegerischer Erkenntnisse (vgl. zu dieser Organisationspflicht insbesondere \u00a7 11 Abs. 2 Satz 2 Heimgesetz sowie Ziffer 1.2 sowie die gesamte Ziffer 2 „Struktur – Qualit\u00e4t“ der Qualit\u00e4tsvereinbarung vom 16.12.2003).<\/p>\n
\u00a7 5 Abs. 1 Satz 2 der Heimpersonalverordnung sieht ausdr\u00fccklich vor:<\/p>\n
„Hierbei muss mindestens einer, bei mehr als 20 nicht-pflegebed\u00fcrftigen Bewohnern oder mehr als pflegebed\u00fcrftigen Bewohnern mindestens jeder 2. weitere Besch\u00e4ftigte eine Fachkraft sein.“<\/p>\n
Ziffer 2.2.1 der Qualit\u00e4tsvereinbarung vom 16.12.2003 schreibt ausdr\u00fccklich vor: „Die von der voll station\u00e4ren Pflegeeinrichtung angebotenen Pflegeleistungen sind unter st\u00e4ndiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft durchzuf\u00fchren. Pflege unter st\u00e4ndiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft bedeutet, dass dieser “ verantwortlich ist f\u00fcr:<\/p>\n
– die Anwendung der beschriebenen Qualit\u00e4tsma\u00dfst\u00e4be im Pflegebereich<\/p>\n
– die Umsetzung des Pflegekonzepts<\/p>\n
– die Planung, Durchf\u00fchrung und Evaluation der Pflege<\/p>\n
– die fachgerechte F\u00fchrung der Pflegedokumentation – die an den Pflegebedarf orientierte Dienstplanung der Pflegekr\u00e4fte… .“<\/p>\n
Ziffer 2.4.1. der Qualit\u00e4tsvereinbarung vom 16.12.2003 ordnet an:<\/p>\n
„Hilfskr\u00e4fte und angelernte Kr\u00e4fte werden nur unter der fachlichen Anleitung einer Fachkraft t\u00e4tig.“<\/p>\n
Eine Pflegefachkraft ist eine solche, die die Berufsbezeichnung Krankenpfleger oder Altenpfleger mit staatlicher Anerkennung tr\u00e4gt und in ihrem Beruf innerhalb der letzten 5 Jahre mindestens 2 Jahre hauptberuflich t\u00e4tig war. Au\u00dferdem muss sie mindestens 460 Stunden Weiterbildungsma\u00dfnahmen nachweisen (vgl. Ziffer 2.2.2.3. der Rahmenvereinbarung vom 16.12.2003). Verst\u00f6\u00dft das Pflegeheim gegen die Vorschriften der Personalheimverordnung, der Qualit\u00e4tsvereinbarung vom 16.12.2003 sowie gegen \u00a7 11 Abs. 2 Ziffer 2 Heimgesetz, das hei\u00dft stellt es nicht gen\u00fcgend Fachkr\u00e4fte zur Verf\u00fcgung, mit der Folge, dass die Betreuung der Bewohner nicht dem allgemein anerkannten Standard medizinsich-pflegerischer Erkenntnisse entspricht, so ist dem Pflegeheim der Vorwurf eines Organisationsverschuldens anzulasten.<\/p>\n
Passiert ein Sturz, muss unverz\u00fcglich eine Teambesprechung stattfinden, in der die Ursachen f\u00fcr den Sturz analysiert werden und eine neue Pflegeplanung entworfen werden muss. Diese Teambesprechung ist in dann auch zu dokumentieren.<\/p>\n
Zwischenergebnis:<\/p>\n
Vorraussetzung f\u00fcr eine erfolgreiche Durchsetzung von Schadensersatzanspr\u00fcchen ist der Beweis, dass das Pflegeheim<\/p>\n
– gegen eine der o. g. Pflichten versto\u00dfen hat und<\/p>\n
– der Versicherte hierdurch ein K\u00f6rperschaden erlitt.<\/p>\n
In der Praxis lassen sich Sturzf\u00e4lle am besten gegen\u00fcber Haftpflichtversicherungen durchsetzen mit der Begr\u00fcndung, dass<\/p>\n
– eine Sturzrisikoermittlung weder zum Zeitpunkt der Heimaufnahme noch zum Zeitpunkt der k\u00f6rperlichen Verschlechterung noch im Anschluss an einen erfolgten Sturz durchgef\u00fchrt wurde;<\/p>\n
– weder eine umfassende Beratung noch eine Umsetzung von gebotenen sturzprophylaktischen Ma\u00dfnahmen erfolgte;<\/p>\n
– Es sollte immer auch der Vorwurf eines Organisationsverschuldens im Sinne des \u00a7 11 Abs. 2 Ziffer 2 Heimgesetzt aufgrund personeller Unterbesetzung vorgetragen werden.<\/p>\n
Wie kann man die Beweislast reduzieren?<\/p>\n
Bei Risiken aus dem Pflegeheimbetrieb, die voll beherrscht werden k\u00f6nnen und m\u00fcssen, insbesondere durch eine sachgerechte personelle Organisation und Koordinierung des Behandlungsgeschehens (z. B. Ger\u00e4tesicherheit, Verrichtungssicherheit des Pflegepersonals, keine Anf\u00e4ngerbesch\u00e4ftigung) kann sich, wenn der Patient in diesem Gefahrenbereich zu Schaden kommt, zu seinen Gunsten eine Beweiserleichterung ergeben.<\/p>\n
Der BGH hat in seinem Grundsatzurteil vom 18.12.1990, AZ VI ZR 169\/90, die Voraussetzungen f\u00fcr das Eingreifen der Beweiserleichterungen des voll beherrschbaren Risikos zutreffend wie folgt beschrieben:<\/p>\n
„Jedoch kann die Beweislastumkehr nach dem Sinn der Beweisregel auch<\/p>\n
– den Nachweis eines objektiven Pflichtenversto\u00dfes des Schuldners umfassen, wenn der Kl\u00e4ger im Herrschafts- und Organisationsbereich des Schuldners zu Schaden gekommen ist und<\/p>\n
– die den Schuldner treffenden Vertragspflichten auch dahin gingen, den Gl\u00e4ubiger gerade vor einem solchen Schaden zu bewahren.<\/p>\n
Ebenso wie es in einem Krankenhaus nicht vorkommen darf, dass ein Desinfektionsmittel durch einen ungl\u00fccklichen Zufall verunreinigt wird, so darf es auch nicht geschehen, dass ein Patient bei einer Pflegema\u00dfnahme seitens der ihn betreuenden Krankenschwester aus nicht zu kl\u00e4renden Gr\u00fcnden zu Fall kommt.“<\/p>\n
Die Voraussetzungen f\u00fcr die Anwendung dieser Beweislastumkehrregel lauten konkret:<\/p>\n
1. Der Bewohner befindet sich in einer konkreten Gefahrensituation,<\/p>\n
2. die gesteigerte Sicherungs- bzw. Schutzpflichten ausl\u00f6st.<\/p>\n
3. Die Gefahrensituation ist f\u00fcr das Pflegeheim beherrschbar.<\/p>\n
Der 3. Zivilsenat des BGH grenzt in seinem Urteil vom 28.04.2005 zum AZ III ZR 399\/04 diese dritte Voraussetzung der Beherrschbarkeit wie folgt ein: Eine Pflegekraft muss im konkreten Fall eingesetzt worden sein, um die konkrete Gefahrensituation des Bewohners zu beherrschen.<\/p>\n
4. Der Bewohner kommt dennoch zu Schaden.<\/p>\n
Eine 80 Jahre alte Bewohnerin eines Pflegeheimes ist aufgrund zahlreicher altersbedingter k\u00f6rperlicher Gebrechen schwerst pflegebed\u00fcrftig und sehr gangunsicher. Sie kann nicht mehr alleine Gehen, ohne zu st\u00fcrzen. Aus diesem Grund wird sie regelm\u00e4\u00dfig von einem Pfleger begleitet, wenn sie zur Toilette gehen muss. Am 29.12.2003 wird sie wie immer von einem Pfleger zur Toilette begleitet. Dieser setzt sie auch auf die Toilette herauf. Anschlie\u00dfend postiert sich die Pflegekraft 1 m entfernt von der Bewohnerin. Als diese pl\u00f6tzlich aufsteht, st\u00fcrzt sie.<\/p>\n
Das Gericht best\u00e4tigte das Vorliegen einer konkreten Gefahrensituation beim Gang zur Toilette und bei der Verrichtung der morgendlichen Toilette.<\/p>\n
Hier geht es nicht um den „normalen“ allt\u00e4glichen Gefahrenbereich, der der eigenverantwortlichen Risikosph\u00e4re der Gesch\u00e4digten verbleibt.<\/p>\n
Vielmehr handelt es sich um eine zwar t\u00e4glich wiederkehrende Situation, die aber gleichwohl f\u00fcr die Gesch\u00e4digte eine Gefahrensituation darstellte, die sich nicht als alleine meistern konnte. Die Bewohnerin war schwerst pflegebed\u00fcrftig.<\/p>\n
Deshalb l\u00f6ste diese Situation, n\u00e4mlich Gang zur Toilette und Verrichtung der Toilette, gesteigerte Obhuts- und Sicherungspflichten aus. Daher wurde hierf\u00fcr auch eine Pflegeperson eingesetzt.<\/p>\n
Diese Gefahrensituation war auch beherrschbar f\u00fcr das Pflegeheim. Unstreitig ist, dass die Pflegekraft aufgrund von Unaufmerksamkeit nicht gemerkt hatte, dass die Bewohnerin von der Toilette aufstand. Bei entsprechender Aufmerksamkeit h\u00e4tte sie es festgestellt und h\u00e4tte den Sturz verhindern k\u00f6nnen.<\/p>\n
Schutz des Intimbereiches einerseits und Gefahrvermeidung andererseits f\u00fchrt das OLG M\u00fcnchen zutreffend aus:<\/p>\n
„Der Senat verkennt nicht, dass nat\u00fcrlich der Intimbereich der Bewohnerin tangiert ist, wenn ihr die Pflegekraft beim Gang zur Toilette zu nahe kommt. Gleichwohl ist dieses Bedenken zur\u00fcckzustellen gegen\u00fcber dem Gesichtspunkt der Gefahrvermeidung.“<\/p>\n
Das OLG M\u00fcnchen hat im vorliegenden Fall die Voraussetzungen der Beweislastumkehrregel des voll beherrschbaren Risikos bejaht und das Pflegeheim zum Schadensersatz verurteilt.<\/p>\n
Die 79 Jahre alte an schwerer Demenz leidende und schwer pflegebed\u00fcrftige Bewohnerin eines Pflegeheims (Pflegestufe 3) wurde am 19.04.2002 nach dem Abendessen von einer Pflegekraft vom Speisesaal in ihr Zimmer gef\u00fchrt. Da diese Pflegekraft die inkontinente Bewohnerin vor dem Bett noch auf einen im Zimmer stehenden Toilettenstuhl setzen wollte, forderte die Pflegekraft die demente Bewohnerin auf, an dem Waschbecken im Zimmer stehen zu bleiben und sich an den Haltegriffen, welche sich neben dem Waschbecken befanden, festzuhalten. Anschlie\u00dfend wandte sich die Pflegekraft ab, um den Toilettenstuhl herbeizuholen. In diesem Moment st\u00fcrzte die Bewohnerin und zog sich einen Oberschenkelhalsbruch zu. Die Bewohnerin machte gerichtlich Schmerzensgeld und Schadensersatz geltend. W\u00e4hrend sie in der I. Instanz verlor, hatte sie in der II. Instanz, das ist im Berufungsverfahren, den Prozess gewonnen.<\/p>\n
Das Berufungsgericht, das OLG Zweibr\u00fccken, hat die Beweiserleichterungsfallgruppe des voll beherrschbaren Risikos in diesem Fall f\u00fcr anwendbar erkl\u00e4rt.<\/p>\n
F\u00fcr die Bewohnerin lag, als sie am Waschbecken abgestellt worden war, eine konkrete Gefahrensituation vor. Sie litt unter Muskelschw\u00e4che, hohem Alter, schlechter Balance, Gangst\u00f6rungen, Demenz, Multimedikation und war auch schon zuvor gest\u00fcrzt. Es lag damit ein „fast maximales Sturzrisiko“ vor. Dieser schlechte Gesundheitszustand war dem Pflegeheim auch bekannt, insbesondere war bekannt, dass die Bewohnerin nur mit Hilfe von Pflegepersonal kurze Zeit stehen konnte. Diese Gefahrensituation l\u00f6ste gesteigerte Sicherungs- und Schutzpflichten f\u00fcr das Pflegeheim aus. Diese Gefahrensituation w\u00e4re auch beherrschbar und damit vermeidbar gewesen. Die eingesetzte Pflegekraft h\u00e4tte z. B. die Bewohnerin direkt zum Toilettenstuhl f\u00fchren und darauf setzen k\u00f6nnen.<\/p>\n
Die vorgesch\u00e4digte Kl\u00e4gerin sollte aus einem Krankenhaus in eine die Rehabilitationsklinik verlegt werden. In der Nacht zuvor konnte sie nicht schlafen und war sehr unruhig. Sie wollte immer wieder \u00fcber das Bettgitter steigen. Der Fr\u00fchdienst setzte sie in einen Rollstuhl und band sie mit einem Bauchtuch an. Man lie\u00df sie l\u00e4ngere Zeit im Rollstuhl auf dem Krankenhausflur vor dem leeren Schwesterndienstzimmer ohne Betreuungsperson stehen. Die Fu\u00dfst\u00fctzen waren heruntergeklappt, die Bremsen eingestellt und technische M\u00e4ngel nicht erkennbar. Die Tr\u00e4ger bzw. Standleiste der Fu\u00dfst\u00fctzen dienten als Kippschutz. Ein zus\u00e4tzlicher Kippschutz war nicht vorhanden. Als die Kl\u00e4gerin aufstehen wollte, fiel sie mit dem Rollstuhl um und verletzte sich vor allem am Kopf. Es kam zu einer schweren Gehirnblutung.<\/p>\n
Das Landgericht Berlin wies die Klage der Gesch\u00e4digten zur\u00fcck. Das Kammergericht gab der Klage statt.<\/p>\n
Es erkl\u00e4rte die Beweiserleichterungsfallgruppe des voll beherrschbaren Risikos f\u00fcr anwendbar.<\/p>\n
Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 18.12.1990, AZ VI ZR 169\/90) muss in einer Klinik ein Sturz des Patienten bei Bewegungs- und Transportma\u00dfnahmen ausgeschlossen werden. Diese Aufgabe ist Bestandteil des Behandlungsvertrages und damit Teil der Verpflichtung des Krankenhaustr\u00e4gers zu sachgerechter pflegerischer Betreuung. Sie obliegt insbesondere dem Pflegepersonal. Dass es sich bei dem Setzen der Kl\u00e4gerin in einem Rollstuhl um eine Transportma\u00dfnahme gehandelt hat, kann wohl angesichts der bevorstehenden Verlegung nicht ernsthaft bezweifelt werden, auch wenn die Kl\u00e4gerin l\u00e4ngere Zeit auf dem Flur wartete. Es wird damit zu Gunsten der Kl\u00e4gerin vermutet, dass ihr Sturz auf einen Pflegefehler des Krankenhauses zur\u00fcckzuf\u00fchren ist.<\/p>\n
Dieses Urteil bezog sich auf einen Sachverhalt in einem Krankenhaus. Es kann jedoch entsprechend auf Sachverhalte in Pflegeheimen angewendet werden.<\/p>\n
Das Kammergericht erlie\u00df dieses Urteil am 20.01.2005 und damit vor Erlass des Urteils des BGH, 3. Zivilsenat, vom 28.04.2005.<\/p>\n
Auch unter Ber\u00fccksichtung der vom 3. Zivilsenat des BGH am 28.04.2005 aufgestellten Kriterien h\u00e4tten die Voraussetzungen einer Beweislastumkehr eines voll beherrschbaren Risikos vorgelegen:<\/p>\n
Die Patientin befand sich in einer konkreten Gefahrensituation. Sie war dement und sehr unruhig. Es bestand das konkrete Risiko einer K\u00f6rperverletzung, sobald diese Patientin aufstehen w\u00fcrde, da dann der Rollstuhl kippen konnte. So ist es ja dann auch geschehen, aufgrund dieser konkreten Gefahrensituation.<\/p>\n
Diese Gefahrensituation: n\u00e4mlich Patienten im Rollstuhl, war auch f\u00fcr das Krankenhaus beherrschbar. So h\u00e4tte man der Patientin einen Bauchgurt verabreichen k\u00f6nnen. Auf diese Weise w\u00e4re sie nicht in der Lage gewesen, aufzustehen. Au\u00dferdem h\u00e4tte man sie auch in ein Bett legen und ihr dann einen Bauchgurt anlegen k\u00f6nnen.<\/p>\n
Die Sturzf\u00e4lle, bei welchen die Beweislastumkehrregel des voll beherrschbaren Risikos anwendbar ist , lassen sich, auch gerichtlich, erheblich besser durchsetzen.<\/p>\n
Passieren St\u00fcrze im Rahmen<\/p>\n
jeweils in Begleitung und Anwesenheit einer Pflegekraft, wird die Beweiserleichterung aufgrund eines voll beherrschbaren Risikos anwendbar sein. Dies bedeutet, dass zu Gunsten der gesch\u00e4digten Partei vermutet wird, dass der Sturz im Zusammenhang steht mit einem Pflegefehler.<\/p>\n
Mit der Beweislastumkehr zu Gunsten der gesch\u00e4digten Partei geht automatisch eine Beweis-Mehrlast zu Lasten der Sch\u00e4digerseite einher. Diese muss dann beweisen, dass der eingetretene Sturz nicht auf einem Fehlverhalten des Pflegepersonals beruht. Lassen sich die Ursachen f\u00fcr den Sturz nicht aufkl\u00e4ren, kann dieser Beweis regelm\u00e4\u00dfig nicht mehr gef\u00fchrt werden (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.1990, VI ZR 169\/90 am Schluss).<\/p>\n
Schwieriger zu beurteilen sind folgende Sachverhalte:<\/p>\n
Fall 1: Die Bewohnerin st\u00fcrzt auf dem Weg zur Toilette im Flur.<\/p>\n
Fall 2: Die Bewohnerin st\u00fcrzt in ihrem Zimmer. Die Ursache ist nicht aufkl\u00e4rbar.<\/p>\n
Fall 3: Der Bewohner st\u00fcrzt als er aus dem Bett steigen m\u00f6chte.<\/p>\n
Eine Pflegekraft ist jeweils nicht anwesend.<\/p>\n
In den vorgenannten F\u00e4llen wird es sehr schwierig sein, die Beweislastumkehrregel aufgrund voll beherrschbaren Risikos anzuwenden. Ohne Beweislasterleichterungsregeln wird man aber auch in solchen F\u00e4llen nicht auskommen.<\/p>\n
Wichtig ist in jedem Fall vorzutragen, dass der Sturz Folge einer konkreten Gefahrensituation des Bewohners war. Diese ist sodann umfangreich zu begr\u00fcnden. In diesem Kontext ist dem Pflegeheim dann vorzuwerfen, dass es diese konkrete Gefahrensituation verkannt hat, da es es unterlassen hat, zum Zeitpunkt der Heimaufnahme und auch sp\u00e4ter, z. B. der H\u00f6herstufung, eine umfangreiche Anamnese und Sturzrisikoermittlung beim Bewohner durchzuf\u00fchren. W\u00e4ren wie geboten zu einem fr\u00fcheren Zeitpunkt Sturzrisikoermittlungen durchgef\u00fchrt worden, so h\u00e4tte man bereits fr\u00fchzeitig festgestellt, dass beim Bewohner ein beachtliches Sturzrisiko vorlag und er sich regelm\u00e4\u00dfig in einer konkreten Gefahrensituation befand, wenn er allein aufstehen und gehen wollte.<\/p>\n
Ist die H\u00fcrde der Begr\u00fcndung einer konkreten Gefahrensituation im Zeitpunkt streitgegenst\u00e4ndlichen Sturzes auf diese Weise genommen, so werden sich die weiteren Haftungsvoraussetzungen leichter nachweisen lassen.<\/p>\n
Diese lauten:<\/p>\n
– gesteigerte Sicherungs- und Schutzpflichten aufgrund der konkreten Gefahrensituation<\/p>\n
– Beherrschbarkeit dieser Gefahrensituation durch entsprechende organisatorische und sturzprophylaktische Ma\u00dfnahmen.<\/p>\n
Ich habe in einem Fall eine 100%ige Regulierung erreicht bei einem Sturz, der sich au\u00dferhalb einer Pflegema\u00dfnahme ereignete. Die Besonderheit war, dass der Bewohner bereits vor dem streitgegenst\u00e4ndlichen Sturz mehrere Male gest\u00fcrzt war. Die weitere Besonderheit war, dass im MDK-Pflegegutachten eine umfangreiche Schwerbehinderung bereits beschrieben worden war und das Pflegeheim weder Sturzrisikoermittlungen noch sturzprophylaktische Planungen und Umsetzungen in den Unterlagen dokumentiert hatte. Damit war die konkrete Gefahrensituation leichter nachweisbar. Aufgrund des umfangreichen Dokumentationsverschuldens wurde zu Gunsten der gesch\u00e4digten Bewohnerin vermutet, dass zuvor weder Sturzrisikoermittlungen noch sturzprophylaktische Planungen und Ma\u00dfnahmen durchgef\u00fchrt worden waren. Damit konnte ich begr\u00fcnden, dass das Pflegeheim die konkrete Gefahrensituation aufgrund unterlassener Befunderhebungen nicht erkannt hatte.<\/p>\n
Das OLG Frankfurt hat in seinem Urteil vom 19.01.2006, AZ 1 U 212\/04, zutreffend festgestellt, dass unzureichende Dokumentationen auch einen groben Behandlungsfehler indizieren k\u00f6nnen, der als solcher Grundlage f\u00fcr Beweiserleichterungen bildet.<\/p>\n
Ich habe in meinem Fall argumentiert, dass die zahlreichen Unterlassungen, welche aufgrund der fehlenden Dokumentation zu meinen Gunsten vermutet wurden, einen groben Behandlungsfehler bildeten. Wie bekannt, kann das Vorliegen zahlreicher Pflegefehler gem\u00e4\u00df des Quantit\u00e4tsargumentes einen groben Behandlungsfehler begr\u00fcnden.<\/p>\n
Wurden Sturzrisikoermittlungen, wie fast immer, nicht im gebotenen Umfang erhoben, so wird es h\u00e4ufig nachtr\u00e4glich schwer sein, festzustellen, was eine fr\u00fchere Sturzrisikoermittlung und Pr\u00fcfung ergeben h\u00e4tte. Denn eine solche wurde ja unterlassen. Der 6. Zivilsenat des BGH hat wiederholt klargestellt, dass dem gesch\u00e4digten Patienten keine Beweisnachteile dadurch entstehen d\u00fcrfen, dass man es bei ihm unterlassen hat, Befunde zu erheben.<\/p>\n
Es wird daher zu Gunsten des gest\u00fcrzten Bewohners vermutet, dass, h\u00e4tte man zu einem fr\u00fcheren Zeitpunkt s\u00e4mtliche Sturzrisiken bei ihm \u00fcberpr\u00fcft, man ein erhebliches, wenn nicht sogar maximales Sturzrisiko (Formulierung aus dem Urteil des OLG M\u00fcnchen vom 28.02.2006, AZ 20 U 4636\/05) festgestellt h\u00e4tte. Diese Beweiserleichterung gilt automatisch dann, wenn die Feststellung von Sturzrisiken zu einem fr\u00fcheren Zeitpunkt wahrscheinlich im Sinne von 50 % gewesen w\u00e4re (vgl. BGH,VersR 99, 231 sowie BGH, VersR 99, 1282).<\/p>\n
Folgende Unterlagen gibt es:<\/p>\n
Regelm\u00e4\u00dfig nur wenn der Bewohner bzw. sein Betreuer und seine Angeh\u00f6rigen kooperativ sind und eine entsprechende Schweigepflichtentbindungserkl\u00e4rung, ggf. auch eine Vollmacht, unterschreiben.<\/p>\n
Liegt eine entsprechende Schweigepflichtentbindungserkl\u00e4rung des Bewohners oder Betreuers vor, so steht der Krankenkasse ein Aktenherausgabeanspruch gem\u00e4\u00df den \u00a7\u00a7 116 Abs. 1 SGB X, 401, 412 BGB zu (so auch LG M\u00fcnchen, Urteil vom 10.11.2004, AZ 9.0.6603\/04). Das dem Gesch\u00e4digten aus dem Heimvertrag als Nebenanspruch zustehende Recht auf Einsicht in die Pflegeunterlagen ist als Hilfsrecht auf die Krankenkasse regelm\u00e4\u00dfig zum Zeitpunkt des Unfalls \u00fcbergegangen.<\/p>\n
Zur Begr\u00fcndung gen\u00fcgt der Verweis auf diese \u00a7\u00a7.<\/p>\n
Es reicht v\u00f6llig aus, wenn die Krankenkasse vortr\u00e4gt, dass der Verdacht eines Pflegefehlers besteht. Umfangreiche Substantiierungen sind in diesem Zusammenhang nicht erforderlich.<\/p>\n
\u00a7 294a SGB V stellt leider keine Anspruchsgrundlage zu Gunsten der Krankenkasse dar. Gem\u00e4\u00df \u00a7 294a SGB V kann die Krankenkasse zwar Patientenunterlagen anfordern von \u00c4rzten, Krankenh\u00e4usern und \u00e4rztlich geleiteten Einrichtungen, nicht jedoch von Pflegeheimen. Diese sind ausdr\u00fccklich nicht genannt.<\/p>\n
VIII. Zum Thema freiheitsbeschr\u00e4nkende Ma\u00dfnahmen und Bettgitter:<\/p>\n
Eine freiheitsbeschr\u00e4nkende Ma\u00dfnahme liegt nur vor, wenn der betroffene Bewohner k\u00f6rperlich noch in der Lage ist, sich fortzubewegen und auch den Willen zur Fortbewegung hat. Verneinendenfalls stellt das Anbringen von Bettgittern regelm\u00e4\u00dfig keine freiheitsbeschr\u00e4nkende Ma\u00dfnahme dar.<\/p>\n
Hat der Betroffene Bewohner den Wunsch, sich fortzubewegen und auch die k\u00f6rperliche F\u00e4higkeit dazu, dann ist das Anbringen von Bettgittern im konkreten Eilfall auch ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zul\u00e4ssig. Diese ist dann innerhalb von zwei Tagen beim Vormundschaftsgericht einzuholen.<\/p>\n
H\u00e4tte die konkrete dauerhafte Sturzgef\u00e4hrdung des betroffenen Bewohners bereits zu einem erheblich fr\u00fcheren Zeitpunkt festgestellt werden k\u00f6nnen, so kann sich das Pflegeheim nicht damit verteidigen, dass im Zeitpunkt des Sturzes noch keine Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht vorlag und auch der Betreuer noch nicht zugestimmt habe. Zum einen ist es auch die Pflicht des Pflegeheimes, eigeninitiativ eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichts einzuholen. Zum anderen kann dem Pflegeheim auch der Vorwurf gemacht werden, dass dieses es gerade unterlassen hat, bereits zu einem fr\u00fcheren Zeitpunkt die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zum Anbringen von Bettgittern mit Bauchgurt einzuholen (vgl. LG M\u00f6nchengladbach, Urteil vom 24.10.2003, AZ 2 S 81\/03, in VersR 04, 1608 sowie OLG Frankfurt, Urteil vom 11.02.2002, AZ 22 U 89\/99).<\/p>\n
Bei der Bearbeitung eines neuen Sturzfalles sind folgende Arbeitsschritte vorzunehmen:<\/p>\n
1. Die Vorbereitung zur Sachverhaltsermittlung:<\/p>\n
Hierher geh\u00f6rt die Beschaffung s\u00e4mtlicher Pflegeunterlagen beim Pflegeheim oder auch unter Einschaltung des Bewohners und seiner Angeh\u00f6rigen.<\/p>\n
Die Heranziehung von Unterlagen des MDK, MDK-Pflegegutachten, H\u00f6herstufungen sind ebenfalls sehr wichtig.<\/p>\n
2. Die Auswertung des Sachverhaltes auf der Grundlage der angeforderten Unterlagen:<\/p>\n
Es ist empfehlenswert, den Sachverhalt tabellarisch und chronologisch darzustellen. Pr\u00fcfen Sie anhand der Checkliste betreffend s\u00e4mtliche Sturzrisiken, welche der Sturzrisiken im konkreten Fall vorlagen. Auf diese Weise k\u00f6nnen Sie ermitteln, ob im konkreten Fall ein gro\u00dfes Sturzrisiko vorlag.<\/p>\n
3. \u00dcberpr\u00fcfung der Verletzung von Pflegeheimpflichten:<\/p>\n
Pr\u00fcfen Sie anhand der Checkliste von Pflegeheimpflichten, ob diese beachtet wurden.
\n4. Pr\u00fcfen, ob s\u00e4mtliche Haftungsvoraussetzungen vorliegen:<\/p>\n
Diese lauten wie folgt:<\/p>\n
– Verletzung einer Pflegeheimpflicht<\/p>\n
– hierdurch verursachter Sturz<\/p>\n
Pr\u00fcfen Sie, ob Beweislasterleichterungen f\u00fcr Pflichtverletzungen<\/p>\n
– in Gestalt des voll beherrschbaren Risikos oder<\/p>\n
– in Form von mangelhafter Dokumentation<\/p>\n
begr\u00fcndbar sind.<\/p>\n
Pr\u00fcfen Sie, ob ein grober Behandlungsfehler vorliegt. In diesem Fall entf\u00e4llt die Beweislast bez\u00fcglich des Ursachenzusammenhangs zwischen der Pflichtverletzung und dem Sturz.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
Durchsetzung von Regressanspr\u00fcchen bei Sturzf\u00e4llen in Pflegeheimen Was Sie bei der Durchsetzung von Anspr\u00fcchen nach einem Sturz beachten m\u00fcssen I.\u00a0Voraussetzungen Welche Voraussetzungen m\u00fcssen vorliegen, damit ein Sturzfall erfolgreich reguliert werden kann? Die Verletzung eines medizinisch – pflegerischen Standards sowie der Eintritt eines K\u00f6rperschadens und der Ursachenzusammenhang zwischen der Verletzung des Pflegefehlers und dem K\u00f6rperschaden Diese […]<\/p>\n","protected":false},"author":1,"featured_media":0,"parent":28,"menu_order":0,"comment_status":"closed","ping_status":"closed","template":"","meta":{"_mi_skip_tracking":false,"_exactmetrics_sitenote_active":false,"_exactmetrics_sitenote_note":"","_exactmetrics_sitenote_category":0,"footnotes":""},"acf":[],"yoast_head":"\n