{"id":683,"date":"2005-12-07T09:26:17","date_gmt":"2005-12-07T08:26:17","guid":{"rendered":"https:\/\/ratgeber-arzthaftung.de\/de\/?page_id=683"},"modified":"2019-11-28T17:07:32","modified_gmt":"2019-11-28T16:07:32","slug":"olg-stuttgart-5-zivilsenat-07-12-2005-5-u-7105","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/ratgeber-arzthaftung.de\/de\/rechtsprechung\/urteile-medizinrecht\/olg-stuttgart-5-zivilsenat-07-12-2005-5-u-7105\/","title":{"rendered":"OLG Stuttgart 5. Zivilsenat, 07.12.2005, 5 U 71\/05"},"content":{"rendered":"
Ersatzanspr\u00fcche f\u00fcr Aufwendungen, die ein Unternehmer im Rahmen einer R\u00fcckrufaktion zur Vermeidung von Schadensersatzanspr\u00fcchen wegen Produkthaftung get\u00e4tigt hat, kann er gegen den Lieferanten eines Zulieferteils, das er f\u00fcr den Mangel verantwortlich macht, im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gem. \u00a7 32 ZPO verfolgen.<\/p>\n
Handlungsort i. S. von \u00a7 32 ZPO ist bei der Produktherstellung, die arbeitsteilig und unter Benutzung von Zulieferteilen erfolgt, (auch) der Ort, an dem das die Produkthaftung ausl\u00f6sende schadhafte Teil in das Endprodukt eingebaut wird. 3. Im internationalen Deliktsgerichtsstand kann auch der Ausgleichsanspruch gem. \u00a7 426 BGB geltend gemacht werden.<\/p>\n
Anmerkung der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Tenor wurde vom Gericht nicht mitgeteilt.<\/p>\n
Entscheidungsgr\u00fcnde<\/p>\n
Anmerkung der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Sachverhalt wurde vom Gericht wie folgt mitgeteilt.<\/p>\n
Die Kl\u00e4gerin, ein deutsches Unternehmen, das Lastkr\u00e4ne produziert und vertreibt, Nimmt ein amerikanisches Zuliefererunternehmen auf Ersatz von Kosten in Anspruch, die im Zusammenhang mit einer R\u00fcckrufaktion angefallen sind. Die amerikanische Beklagte produziert Ventile und hat solche nach Deutschland an eine Firma SCH. geliefert, die sie in Hydraulikaggregate eingebaut hat, die wiederum an die Kl\u00e4gerin geliefert und in die von ihr produzierten Kr\u00e4ne eingebaut wurden. \u00dcber diese Hydraulikaggregate wird eine Notbremse ausgel\u00f6st, die bei Abschalten des Krans sicherstellen soll, dass keine Ladung abgeworfen wird. Nachdem es zu einem Schadensfall gekommen war, den die Kl\u00e4gerin auf Fehler der von der Beklagten gelieferten Ventile zur\u00fcckf\u00fchrt, hat sie bei den mit diesen Ventilen ausgestatteten Kr\u00e4nen Nacharbeiten ausgef\u00fchrt mit einem behaupteten Aufwand von ca. 350.000,- \u20ac. Diesen Betrag verlangt die Kl\u00e4gerin von der Beklagten ersetzt. Die Beklagte hat die internationale Zust\u00e4ndigkeit der deutschen Gerichte bestritten. Das Landgericht Ravensburg hat mit Zwischenurteil vom 25.3.2005 die Klage f\u00fcr zul\u00e4ssig erkl\u00e4rt. Mit Beschluss gem. \u00a7 522 Abs. 2 ZPO vom 07.12.2005 hat der Senat darauf hingewiesen, dass die dagegen gerichtete Berufung der Beklagte keine Erfolgsaussicht hat, woraufhin die Beklagte die Berufung zur\u00fcckgenommen hat. Der Hinweisbeschluss gem\u00e4\u00df \u00a7 522 Abs. 2 ZPO wurde wie folgt begr\u00fcndet:<\/p>\n
Die Rechtssache hat keine grunds\u00e4tzliche Bedeutung und erfordert zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Senats (\u00a7 522 Abs. 2 Nr. 2, 3 ZPO). Die angegriffene rechtliche W\u00fcrdigung wirft keine Rechtsfragen von grunds\u00e4tzlicher Bedeutung auf. Die Berufung hat aus derzeitiger Sicht des Senats keine Aussicht auf Erfolg (\u00a7 522 Abs. 2 S 1 ZPO) Das angegriffene Zwischenurteil des LG Ravensburg vom 24. M\u00e4rz 2005 \u2013 40 171\/04 – ist zul\u00e4ssiger Weise ergangen Der Senat hat weder Zweifel an der Richtigkeit und Vollst\u00e4ndigkeit der vom Landgericht getroffenen tats\u00e4chlichen Feststellungen (\u00a7 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) noch an der rechtlichen W\u00fcrdigung des Landgerichts Das gilt im Ergebnis sowohl f\u00fcr die Bejahung der internationalen wie der \u00f6rtlichen Zust\u00e4ndigkeit durch das Landgericht Ravensburg. 1. Internationale Zust\u00e4ndigkeit der deutschen Gerichte.<\/p>\n
Das Landgericht Ravensburg hat im Ergebnis zutreffend seine internationale Zust\u00e4ndigkeit bejaht. Im Einzelnen gilt nach Auffassung des Senats insoweit folgendes:<\/p>\n
1.\u00a0\u00a0\u00a0\u00a0 Zu Recht hat das Landgericht seine internationale Zust\u00e4ndigkeit nicht auf Art. 5 Nr. 3 EuGVO gest\u00fctzt. Die EuGVO (Verordnung [EG]Nr. 44\/2001 des Rates \u00fcber die gerichtliche Zust\u00e4ndigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22 12 2000 [Amtsblatt EG 2001 Nr. L 12, 5. 1] – EuGVO, \u201eBr\u00fcssel 1″ -) w\u00e4re im vorliegenden Verfahren zwar zeitlich und sachlich anwendbar (Art. 66 Abs. 1, 76 S. 1 EuGVO), ist aber r\u00e4umlich nicht anwendbar, da die Beklagte ihren Sitz nicht in einem Mitgliedstaat der EG\/EU hat, s. Art. 4 Abs. 1 EuGVO.<\/p>\n
2.\u00a0\u00a0\u00a0\u00a0 Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht seine internationale Zust\u00e4ndigkeit auf \u00a7.32 ZPO gest\u00fctzt; \u00a7 32 ZPO ergibt – entsprechend angewandt – inl\u00e4ndische internationale Zust\u00e4ndigkeit f\u00fcr die deliktsrechtlich einzuordnende Klage der Kl\u00e4gerin. 16 aa) F\u00fcr den zugrunde liegenden Sachverhalt wird auf das Zwischenurteil des Landgerichts Ravensburg verwiesen. Die dortigen Sachverhaltsfeststellungen tragen die dortige Entscheidung und bed\u00fcrfen f\u00fcr den jetzigen Beschluss des Senats keiner notwendigen Erg\u00e4nzungen.<\/p>\n
Der internationale Gerichtsstand beim Landgericht Ravensburg ist entsprechend \u00a7 32 ZPO begr\u00fcndet. Weder besteht vorrangige staatsvertragliche Regelung der Zust\u00e4ndigkeit noch gibt es eine vorrangige Regelung des deutschen Gesetzesrechts, die der entsprechenden Heranziehung der die \u00f6rtliche Zust\u00e4ndigkeit regelnden Norm f\u00fcr die Beurteilung der internationalen Zust\u00e4ndigkeit der deutschen Gerichte und damit auch des Landgerichts Ravensburg entgegenstehen k\u00f6nnte (s. zum Fehlen staatsvertraglicher Regelung Staudinger\/von Hoffmann, EGBGB [Bearb. 2001] Vorbemerkungen zu Art. 40 EGBGB Rdnr. 92; zur entsprechenden Heranziehung von \u00a7 32 ZPO au\u00dferhalb des Anwendungsbereichs von Art. 5 Nr. 3 EuGVO s. BGHZ 132, 105 ; Staudinger\/von Hoffmann, aaO Rdnr 92; Z\u00f6ller\/Geimer, ZPO 25. Auflage 2004 IZPR Rdnr. 37). Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht den von der KI gegen die Beklagte erhobenen Ausgleichsanspruch als Anspruch aus unerlaubter Handlung i. S. des \u00a7 32 ZPO eingeordnet. Das Landgericht hat insoweit, da lediglich eine Entscheidung \u00fcber die Zul\u00e4ssigkeit der Klage zu treffen war, gen\u00fcgen lassen k\u00f6nnen, dass die Kl\u00e4gerin, die sich auf einen gesamtschuldnerisch zu begr\u00fcndenden Ausgleichsanspruch (z.B. \u00a7\u00a7 840, 426 Abs. 2, 823 Abs. 1 BGB) beruft, einen solchen auf sie \u00fcbergehenden Anspruch in schl\u00fcssiger Form hat vortragen k\u00f6nnen (s. Stein-Jonas\/Roth, ZPO Bd. 1 [22. Auflage 2003] \u00a7 32 ZPO Rdr. 14). Die Kl\u00e4gerin begehrt den Ausgleich von Kosten, die sie f\u00fcr Umr\u00fcstungsma\u00dfnahmen an von ihr produzierten Kr\u00e4nen aufgewandt hat. Sie hat damit, plausibel und schl\u00fcssig vorgebracht, Schadensersatzanspr\u00fcchen von K\u00e4ufern aus Produkthaftung (auf der Grundlage von \u00a7 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB oder aus \u00a7\u00a7 1 ff PHG) vorgebeugt, die sonst h\u00e4tten eintreten k\u00f6nnen, und konnte sich, diesen Vortrag zugrunde gelegt, zu solchen kostentr\u00e4chtigen Ma\u00dfnahmen auch unter dem Gesichtspunkt einer ihr obliegenden, einer R\u00fcckrufaktion \u00e4hnelnden Verkehrssicherungsverpflichtung i. S. von \u00a7 823 Abs. 1 BGB verpflichtet sehen (vgl., auch im Hinblick auf die hier durchaus drohenden Verletzungsgefahren f\u00fcr Leib und Leben und Eigentum von Dritten bei Lastabwurf durch Kr\u00e4ne, BGH NJW 1990, 2560 ; OLG Karlsruhe NJW-RR 1995, 594). Dass Schaden in solcher Hinsicht noch nicht eingetreten ist, steht einem Anspruch auf Ausgleich gegen\u00fcber dem Zulieferer des schadhaften oder gef\u00e4hrlichen Produktteils nicht entgegen. Richtig sieht das Landgericht insoweit auch die Einordnung als Anspruch aus \u201eunerlaubter Handlung“ i. S. v. \u00a7 32 ZPO. Anerkannt ist insoweit, dass Rechtsgutverletzung und Schaden (noch) nicht eingetreten sein m\u00fcssen, weshalb die Beseitigungsklage und Unterlassungsklage, die die Beeintr\u00e4chtigung eines deliktsrechtlich gesch\u00fctzten Rechtsguts abwehren sollen, im Gerichtsstand des \u00a7 32 ZPO erhoben werden k\u00f6nnen (s. BGH MDR 1995, 282 ; weitere Nachweise bei Z\u00f6ller\/Vollkommer, aaO \u00a7 32 ZPO Rdnr. 14). Das hat f\u00fcr die Begr\u00fcndung internationaler Zust\u00e4ndigkeit, ist sie auf \u00a7 32 ZPO zu st\u00fctzen, auch zu gelten. Nicht entgegen steht dieser Wertung, dass der Kl\u00e4gerin unter Umst\u00e4nden auch ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der Gesch\u00e4ftsf\u00fchrung ohne Auftrag zur Verf\u00fcgung stehen k\u00f6nnte (s. – bei Geltung deutschen Rechts insofern, wor\u00fcber hier im Rahmen der die Zust\u00e4ndigkeit begr\u00fcndenden Qualifikation Nicht zu entscheiden ist – zu solcher Anspruchsbegr\u00fcndung M\u00fcller\/D\u00f6rre, VersR 1999, 1333). Die Schadensvorbeugung steht hier durchaus im Vordergrund, so dass die Einordnung bei \u00a7 32 ZPO richtigerweise zu erfolgen hat.<\/p>\n
Dass hier ein Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte als andere bei Eintritt eines Schadens gegebenenfalls verantwortliche Sch\u00e4digerin erhoben wird, der aus \u00a7\u00a7 840, 426 Abs. 2, 823 Abs. 1 BGB begr\u00fcndet wird, \u00e4ndert an der f\u00fcr \u00a7 32 ZPO erforderlichen und \u00fcblichen weiten Auslegung der deliktsrechtlichen Qualifikation nichts Entscheidendes. Der hier geltend gemachte Ausgleichsanspruch bleibt als \u00fcbergehender Anspruch \u201eAnspruch aus unerlaubter Handlung“ und kann ebenso wie der im Au\u00dfenverh\u00e4ltnis durch einen Gesch\u00e4digten gegen einen Sch\u00e4diger erhobene Schadensersatzanspruch im Deliktsgerichtsstand erhoben werden (s. zur deliktsrechtlichen Einordnung, ungeachtet des Anspruchs\u00fcbergangs, BGH NJW 1990, 1533). Ma\u00dfgeblich bleibt auch insoweit, dass ein deliktsrechtlich qualifizierter Anspruch sich als Anspruch aus \u201eProdukthaftung“ im weiteren Sinne ergeben kann, wenn bei der Herstellung der Kr\u00e4ne und ihres Teilaggregats die die Lockerung der Feststellschraube verhindernde Klebung mit einem sichernden Metallkleber nicht vorgenommen worden ist.<\/p>\n
Das Landgericht hat dann mit im Ergebnis zutreffender W\u00fcrdigung des Sachverhalts auch den Begehungsort i. S. von \u00a7 32 ZPO im Inland liegen sehen k\u00f6nnen. Ohne Rechtsirrtum geht es davon aus, dass als Begehungsort i. S. von \u00a7 32 ZPO – f\u00fcr die internationale Zust\u00e4ndigkeit nicht anders als f\u00fcr die \u00f6rtliche Zust\u00e4ndigkeit – der Erfolgsort einer unerlaubten Handlung wie deren Handlungsort grunds\u00e4tzlich gleicherma\u00dfen in Betracht kommen. Von der Geltung dieser \u201eubiquit\u00e4ren“ Differenzierung des Begehungsortes darf auch im vorliegenden Fall und f\u00fcr den vorliegenden Sachverhalt ausgegangen werden. Nach durchaus herrschender Auffassung, die sich der Senat auch hier zu eigen macht, gilt die Ankn\u00fcpfungsm\u00f6glichkeit an den Erfolgs- und Handlungsort f\u00fcr \u00a7 32 ZPO deliktstypunabh\u00e4ngig und klagetypunabh\u00e4ngig; sie gilt f\u00fcr die eigentliche Schadensersatzklage, die Beseitigungsklage und die (auch vorbeugende) Unterlassungsklage (s. die Nachweise bei Z\u00f6ller\/Vollkommer aaO \u00a7 32 ZPO Rdnr. 16), nicht anders dann auch hier, bei Vorliegen einer Ausgleichsklage mit deliktsrechtlichem Hintergrund. Sie gilt grunds\u00e4tzlich ebenso f\u00fcr die Klage auf Produzentenhaftung (s. OLG Frankfurt a.M. OLGR 1995, 119; weitere Nachweise bei Z\u00f6ller\/Vollkommer, aaO \u00a7 32 ZPO Rdnr. 17), die Klage aus Eigentums- oder K\u00f6rperverletzung, wenn ein \u201eDistanzdelikt“ vorliegt, und, was f\u00fcr die vorliegende Fallgestaltung veranschaulichende Bedeutung haben kann, f\u00fcr das in Verkehr bringen schutzrechtswidrig hergestellter Produkte (s. LG Mainz BB 1971, 143 ; zu den Grenzen BGHZ 52, 111 ff.; s. die weiteren Nachweise bei Z\u00f6ller\/Vollkommer, aa0 \u00a7 32 ZPO Rdnr. 17 am Ende). Sie ist deswegen auch als Ausgangspunkt der Beurteilung der vorliegenden Fallgestaltung geeignet.<\/p>\n
Aus der Sicht des Senats folgt deutsche internationale Zust\u00e4ndigkeit mit Heranziehung von \u00a7 32 ZPO schon daraus, dass als \u201eHandlungsort“ i. S. der – hier vermiedenen – Sch\u00e4digung das Inland angesehen werden kann. Durchaus richtig ist insofern zwar, dass die Beklagte die schadhaften Ventile, auf die die Gef\u00e4hrdung Dritter und Schadensersatzanspr\u00fcche gegen die Kl\u00e4gerin als Herstellerin der Kr\u00e4ne zur\u00fcckzuf\u00fchren w\u00e4ren, in Bellwood und damit im Gebiet der Vereinigten Staaten von Amerika produziert hat, so dass ein \u201eHandlungsort“ dort und insofern also nicht in Deutschland angesiedelt ist. Den \u201eHandlungsort“ bei einer Produktherstellung, die arbeitsteilig und unter Benutzung von Zuliefersystemen erfolgt, auf den Herstellungsort eines schadhaften Produktteils zu beschr\u00e4nken, w\u00e4re indes verfehlt, weil zu eng. Handlungsort ist bei einem Fall, der wie der vorliegende in den Bereich der -vermiedenen – Produkthaftung geh\u00f6rt, auch noch der Ort, an dem sp\u00e4ter Gef\u00e4hrlichkeit ausstrahlende Produkte durch den Teilehersteller so in Verkehr gebracht werden, das sie an einem f\u00fcr den Teilehersteller vorhersehbaren Platz in einem Gesamtprodukt Verwendung finden k\u00f6nnen. So betrachtet, befindet sich der \u201eHandlungsort“ der unerlaubten Handlung, die hier zu \u00a7 32 ZPO f\u00fchrt, in Deutschland. Denn die Beklagte hat die Ventile, die bei der Kl\u00e4gerin eingebaut worden sind, ins Inland an das Unternehmen S. GmbH geliefert, das seinen Sitz in W. im Regierungsbezirk S. in Bayern hat. Sinn dieses Verkaufs nach Deutschland war die Weiterver\u00e4u\u00dferung in Deutschland mit dem Zweck des Einbaus in Kr\u00e4ne von der vorliegenden Art. Die Auffassung des OLG Frankfurt\/Main, hiermit w\u00e4re der \u201eHandlungsort“ \u00fcberspannt (OLG Frankfurt\/Main OLGR 1995, 119), betrachtet der Senat nicht als bindend. Richtig ist zwar, dass die Zahl m\u00f6glicher Handlungsorte steigt, wenn das in Verkehr bringen zu Distribution in mehrere L\u00e4nder f\u00fchrt, doch ist das nicht entscheidend. Das in Verkehr bringen ist wesentliches Handlungselement einer sp\u00e4teren Produkthaftung; eine Begrenzung mag im Interesse des Produzenten dort beginnen, wo der Erstabk\u00e4ufer weiterverkauft, doch bedarf es insoweit hier keiner Entscheidung. Ziel der Ver\u00e4u\u00dferung der Beklagten an die Firma S. GmbH war Deutschland, so dass die Absatzstrategie der Beklagten insofern auf Deutschland gerichtet war. Das macht Deutschland zum f\u00fcr \u00a7 32 ZPO in internationaler Hinsicht gen\u00fcgenden \u201eHandlungsort“, womit inl\u00e4ndische Deliktszust\u00e4ndigkeit gegeben ist.<\/p>\n
Ob, wie das Landgericht Ravensburg der Sache nach entschieden hat, auch der \u201eErfolgsort“, der der Beklagten zur Last gelegten \u201eunerlaubten Handlung“ i. S. des \u00a7 32 ZPO insgesamt im Inland belegen ist, kann bei dem zu ff) erreichten, schon zu \u00a7 32 ZPO f\u00fchrenden Ergebnis an sich offen bleiben. Der Senat sieht das Landgericht indes insofern auf einem grunds\u00e4tzlich richtigen Weg, der in Fallgestaltungen wie der vorliegenden auch \u00fcber die Annahme inl\u00e4ndischen Erfolgsortes zu inl\u00e4ndischer. Zust\u00e4ndigkeit entsprechend \u00a7 32 ZPO f\u00fchren kann. Richtiger Grundsatz, der zu \u00a7 32 ZPO zu befolgen ist, ist, dass Erfolgsort der Ort der \u201eRechtsgutverletzung“ ist; eine solche kann hier freilich nicht vorliegen, wo es um den Ausgleich f\u00fcr Schadensvermeidungskosten der Kl. geht. Diese sind dadurch veranlasst worden, dass die Kl. die fehlerhaft fabrizierten Teile ihrer Kr\u00e4ne im Inland erworben und eingebaut hat, mit der Folge einer Gef\u00e4hrdung von Rechtsg\u00fctern Dritter bei Einsatz der Kr\u00e4ne. Es erscheint dem Senat vertretbar, gerade bei deliktsrechtlich einzuordnenden Anspr\u00fcchen aus der \u201eHerstellerhaftung“, um die es im vorliegenden Fall geht, den Begehungsort als Erfolgsort schon am \u201eErwerbsort“ zu sehen, an dem der Hersteller sein Produkt aus seiner Werkssph\u00e4re hinaus gegeben hat, mit der Folge, dass produkthaftungstypisch der Erwerber von diesem Ort und Zeitpunkt an der Gef\u00e4hrdung durch einen dem Produkt anhaftenden, noch latenten Fehler ausgesetzt ist, der seine Rechtssph\u00e4re und sein Verm\u00f6gen tangiert. Kommt es dann zu schadensverh\u00fctenden, deliktsvermeidenden Aufwendungen, die auf der Basis von \u00a7\u00a7 823 Abs. 1, 426 Abs. 2 BGB ausgeglichen werden sollen, erscheint der Erwerbs- und Ver\u00e4u\u00dferungsort als sinnvoller und geeigneter Ankn\u00fcpfungspunkt eines – vermiedenen – Taterfolgs i. S. von \u00a7 32 ZPO (s. hierzu ausf\u00fchrlich Staudinger\/von Hoffmann, aaO Vorbemerkungen Art. 40 EGBGB Rdnr. 95-97 m. w. N.). Die Frage braucht indes nicht endg\u00fcltig entschieden zu werden, wenn zur Zust\u00e4ndigkeit der deutschen Gerichte schon die oben dargelegten Erw\u00e4gungen f\u00fchren. Es bedarf dann auch keiner abschlie\u00dfenden Er\u00f6rterung mehr zu der damit im Zusammenhang stehenden Frage, ob Erfolgsorte i. S. von \u00a7 32 ZPO auch die Orte w\u00e4ren, an denen die – vermiedene – Rechtsgutverletzung tats\u00e4chlich h\u00e4tte eintreten k\u00f6nnen. Der Senat w\u00fcrde solche Zust\u00e4ndigkeitsbegr\u00fcndung wohl nicht ausgeschlossen sehen, kann die Entscheidung hier aber ebenso dahinstehen lassen wie die Entscheidung zur damit zusammenh\u00e4ngenden weiteren Fragestellung, ob dann an unter Umst\u00e4nden mehreren unterschiedlichen Erfolgsortgerichtsst\u00e4nden im Marktbereich der Kl\u00e4gerin die jeweiligen Teilsch\u00e4den einklagbar w\u00e4ren Ausgeschlossen erscheinen kann letzteres freilich nicht.<\/p>\n
Ist entgegen der Auffassung der Berufung die internationale Zust\u00e4ndigkeit der deutschen Gerichte auf der Basis von \u00a7 32 ZPO f\u00fcr den von der Kl. angebrachten, aus \u00a7\u00a7 840, 426 Abs. 2, 823 BGB begr\u00fcndeten Klaganspruch nicht zu verneinen, kann im Inland entsprechend \u00a7 32 ZPO zugleich auch der von der Kl. in Anspruch genommene eigenst\u00e4ndige Ausgleichsanspruch auf der Grundlage des \u00a7 426 Abs. 1 BGB geltend gemacht werden, Der Senat kann insoweit dahinstehen lassen, ob ein aus \u00a7 426 Abs. 1 BGB folgender Anspruch auf Gesamtschuldausgleich \u201edeliktsrechtlich“ zu qualifizieren ist, wenn Anlass seiner Entstehung ein Deliktsfall mit Deliktsanspr\u00fcchen oder deliktisch einzuordnenden Schadensverhinderungsanspr\u00fcchen ist (so der Sache nach OLG Celle VersR 1991, 234). Die aus \u00a7 32 ZPO folgende internationale Zust\u00e4ndigkeit ergibt sich vielmehr schon aus dem neuerdings erlaubten Gesichtspunkt des \u201eSachzusammenhangs“ (s. \u00a7 71 GVG und BGHZ 153, 173 ff.). Der Senat sieht sich nicht gehindert, die neuere Rechtsprechungslinie, die zur Frage der \u00f6rtlichen Zust\u00e4ndigkeit auf der Basis von \u00a7 32 ZPO konzipiert worden ist, auch auf die aus \u00a7 32 ZPO zu entnehmende internationale Zust\u00e4ndigkeit zu erstrecken. Was vom EuGH zu Art. 5 Nr. 3 EuGV\u00dc insofern anders gesehen worden ist (EuGH NJW 1988, 3088 ; dazu BGHZ 132, 105 ff.), ist f\u00fcr die Auslegung von \u00a7 32 ZPO zur Begr\u00fcndung der internationalen Zust\u00e4ndigkeit nicht entscheidend. Im Anwendungsbereich von EuGV\u00dc und heute der EuGVO mag es sinnvoll sein, die Zust\u00e4ndigkeit f\u00fcr verschieden begr\u00fcndete Anspr\u00fcche nicht stets im Deliktsgerichtsstand zu konzentrieren, da von Gleichwertigkeit der Gerichtsbarkeiten der Mitgliedstaaten ausgegangen wird, im Verh\u00e4ltnis zu Drittstaaten, das von \u00a7 32 ZPO (in analoger Anwendung) beherrscht wird, darf das anders gesehen werden. Hier kann, nicht anders als im Rahmen \u00f6rtlicher Zust\u00e4ndigkeit aufgrund von \u00a7 32 ZPO, auf den inneren Entscheidungsklang abgestellt werden, mit der Folge, dass im internationalen Deliktsgerichtsstand auch der eigenst\u00e4ndige Ausgleichsanspruch gem\u00e4\u00df \u00a7 426 Abs. 1 BGB geltend gemacht werden kann, jedenfalls dann, wenn auch der \u00fcber gegangene Anspruch aus \u00a7 426 Abs. 2 BGB die Klage st\u00fctzt.<\/p>\n
Ob auch ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt einer Gesch\u00e4ftsf\u00fchrung ohne Auftrag haft Sachzusammenhang hier geltend gemacht werden kann, kann offen bleiben; die Klage verh\u00e4lt sich dazu bislang nicht.<\/p>\n
Der Senat sieht schlie\u00dflich auch die \u00f6rtliche Zust\u00e4ndigkeit des Landgerichts Ravensburg als gegeben an. Im Grundsatz ist auch insofern das Zwischenurteil des Landgerichts zu billigen. Die \u00f6rtliche Zust\u00e4ndigkeit des Landgerichts Ravensburg kann nur aus \u00a7 32 ZPO folgen, d.h. es bedarf eines Handlungsortes oder Erfolgsortes im Gerichtsbezirk. Da die Lieferung der Beklagten nach W. im Regierungsbezirk S. in Bayern erfolgt ist, das nicht im Landgerichtsbezirk belegen ist, gibt das \u201ein Verkehr bringen“ der Aggregatsteile im Inland keine Ankn\u00fcpfung f\u00fcr eine aus \u00a7 32 ZPO folgende \u201eHandlungsortszust\u00e4ndigkeit“ des Landgerichts Ravensburg. Immerhin tr\u00e4gt aber in Fallgestaltungen wie der vorliegenden die sinnvolle Vorverlagerung des \u201eErfolgsortes“ die Zust\u00e4ndigkeit des Landgerichts. Insofern kann auf die Ausf\u00fchrungen oben verwiesen werden. Konnte oben die Bejahung der internationalen Zust\u00e4ndigkeit aus dem Gesichtspunkt einer Erfolgsortzust\u00e4ndigkeit offen gelassen werden, ist jetzt die \u00f6rtliche Zust\u00e4ndigkeit aus dem Gesichtspunkt des Erwerbsortes B. zu bejahen. Es geht hierbei nicht nur um eine – unter Umst\u00e4nden zu extensive – Vorverlagerung des Erfolgsortes auf den Vertriebsort, sondern um eine sachnahe Ankn\u00fcpfung an den Ort, an dem das schon zu diesem Zeitpunkt fehlerhafte und gef\u00e4hrdende Teil in die Kr\u00e4ne eingebaut worden ist. Diesen Ort als Erfolgsort bei Anspr\u00fcchen auf Ausgleich von Schadensvermeidungskosten zu bejahen, ist sachgem\u00e4\u00df und angemessen. Erg\u00e4nzendes Argument kann insofern auch der Verweis darauf sein, dass bei \u201eWeiterfressersch\u00e4den“, die im vorliegenden Fall wegen der rechtzeitigen Erkennung des Fehlers nicht entstanden sind, als \u201eErfolgsort“ auch der Ort zu betrachten ist, an dem ein fehlerhaftes Aggregatteil eingebaut worden ist. Auch dieser Gesichtspunkt mag zur Bejahung des Erfolgsortsgerichtsstandes in Ravensburg f\u00fchren; nicht verkannt wird dabei, dass ein Weiterfressen der Sch\u00e4den im vorliegenden Sachverhalt vermieden worden ist, da die Fehlerhaftigkeit des insofern ma\u00dfgeblichen Produktteils rechtzeitig erkannt worden ist.<\/p>\n
Der Senat regt auf der Grundlage der vorstehenden Ausf\u00fchrungen an, die Erfolg nicht versprechende Berufung auch aus Kostengr\u00fcnden zur\u00fcckzunehmen<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
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