{"id":2065,"date":"2024-08-30T15:18:10","date_gmt":"2024-08-30T13:18:10","guid":{"rendered":"https:\/\/ratgeber-arzthaftung.de\/de\/?page_id=2065"},"modified":"2024-09-19T18:55:31","modified_gmt":"2024-09-19T16:55:31","slug":"anwendung-von-cytotec-misoprostol-zur-geburtseinleitung","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/ratgeber-arzthaftung.de\/de\/publikationen-arzthaftung-behandlungsfehler\/anwendung-von-cytotec-misoprostol-zur-geburtseinleitung\/","title":{"rendered":"Anwendung von Cytotec \/ Misoprostol zur Geburtseinleitung"},"content":{"rendered":"

SPECULUM, Sonderheft 1\/2020 | Ruth Schultze-Zeu<\/strong><\/p>\n

Cytotec<\/a> und der nicht beherrschbare Wehensturm<\/h2>\n

Ich bin Fachanw\u00e4ltin f\u00fcr Medizinrecht in Berlin mit Schwerpunkt im Geburtsschadensrecht. Ich habe mit mehr als 30 Patientinnen gesprochen, bei denen die Geburt mit Cytotec eingeleitet wurde. S\u00e4mtliche F\u00e4lle wiesen beachtliche Gemeinsamkeiten auf. In keinem dieser F\u00e4lle wurden die Patientinnen vollst\u00e4ndig \u00fcber die Risiken dieses Medikamentes sowie die Behandlungsalternativen aufgekl\u00e4rt. Gem\u00e4\u00df \u00a7 630h Abs. 1 BGB muss der Patient vor Beginn der Behandlung \u00fcber entsprechende Risiken und auch \u00fcber die in Betracht kommenden Behandlungsalternativen rechtzeitig aufgekl\u00e4rt werden. Geschieht dies nicht, stellt die Behandlung einen rechtswidrigen Eingriff in die k\u00f6rperliche Unversehrtheit des Patienten dar. Dies kann Schmerzensgeld- und Schadensersatzanspr\u00fcche zugunsten des Patienten begr\u00fcnden. Im Fall von Cytotec sind nach meinem Daf\u00fcrhalten folgende Umst\u00e4nde von besonderer Relevanz:<\/p>\n

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  1. Cytotec weist ein h\u00f6heres Risiko f\u00fcr einen Wehensturm auf als die zugelassenen Prostaglandine.<\/li>\n
  2. Im Unterschied zu den zugelassenen Prostaglandinen ist der Wehensturm bei Cytotec wesentlich schwieriger zu beherrschen.<\/li>\n
  3. Damit ist das Risiko bei der Anwendung von Cytotec f\u00fcr die Ausbildung einer Uterusruptur und auch einer vorzeitigen Plazentaabl\u00f6sung erheblich h\u00f6her als beim Einsatz von herk\u00f6mmlichen Prostaglandinen.<\/li>\n
  4. Entsprechendes gilt im Hinblick auf das Risiko einer Sauerstoffmangelversorgung beim Fetus infolge der hyperfrequenten Wehent\u00e4tigkeit.<\/li>\n<\/ol>\n

    Keine<\/strong> meiner Mandantinnen ist \u00fcber die vorgenannten Umst\u00e4nde aufgekl\u00e4rt worden. Bei jeder ist ein mehrst\u00fcndiger schmerzhafter Wehensturm aufgetreten. Bei \u00fcber 20 meiner Mandantinnen sind in der Folge gravierende Komplikationen eingetreten. So kam es zu Uterusrupturen und vorzeitigen Plazentaabl\u00f6sungen. In \u00fcber 5 F\u00e4llen verstarben die Kinder entweder noch in der Geb\u00e4rmutter oder unmittelbar nach ihrer Geburt. In den anderen 15 F\u00e4llen haben die Kinder schwere Gehirnsch\u00e4den wegen Sauerstoffmangels erlitten.<\/p>\n

    In juristischer Hinsicht werfe ich den Geburtskliniken neben den vorbezeichneten Aufkl\u00e4rungsfehlern insbesondere folgendes vor:<\/p>\n