{"id":1423,"date":"2013-02-26T18:38:57","date_gmt":"2013-02-26T17:38:57","guid":{"rendered":"https:\/\/ratgeber-arzthaftung.de\/de\/?page_id=1423"},"modified":"2020-01-06T10:04:40","modified_gmt":"2020-01-06T09:04:40","slug":"uebergang-des-anspruchs-des-patienten-auf-akteneinsicht-auf-die-krankenversicherung","status":"publish","type":"page","link":"https:\/\/ratgeber-arzthaftung.de\/de\/erfolge\/erfolge-in-der-rechtsprechung\/uebergang-des-anspruchs-des-patienten-auf-akteneinsicht-auf-die-krankenversicherung\/","title":{"rendered":"\u00dcbergang des Anspruchs des Patienten auf Akteneinsicht auf die Krankenversicherung"},"content":{"rendered":"
Dieses Urteil des 6. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes vom 26. Februar 2013 (AZ VI ZR 359\/11) bezieht sich auf den \u00dcbergang des Anspruchs des verstorbenen Pflegeheimbewohners auf Einsicht in die Pflegedokumentation auf die\u00a0Krankenversicherung zur Kl\u00e4rung von m\u00f6glichen Schadensersatzanspr\u00fcchen wegen Behandlungsfehlern. Der Bundesgerichtshof geht dabei von folgendem aus: Ist der Patient bereits verstorben, so ist davon auszugehen, dass er mit der Akteneinsicht durch seine Krankenversicherung zur Kl\u00e4rung von Behandlungsfehlern einverstanden gewesen w\u00e4re. Diese juristische Feststellung hat der Bundesgerichtshof aus einem unserer rechtswissenschaftlichen Aufs\u00e4tze \u00fcbernommen.<\/p>\n
1. Der Anspruch des Pflegeheimbewohners auf Einsicht in die Pflegeunterlagen geht gem\u00e4\u00df \u00a7 116 Abs. 1 Satz 1 SGB 10 i.V.m. \u00a7 401 Abs. 1 analog, \u00a7 412 BGB auf den – aufgrund des Schadensereignisses zu kongruenten Sozialleistungen verpflichteten – Sozialversicherungstr\u00e4ger \u00fcber, wenn und soweit mit seiner Hilfe das Bestehen von Schadensersatzanspr\u00fcchen gekl\u00e4rt werden soll und die den Altenpflegern obliegende Pflicht zur Verschwiegenheit einem Gl\u00e4ubigerwechsel nicht entgegensteht.<\/p>\n
2. Die Pflicht zur Verschwiegenheit steht einem Gl\u00e4ubigerwechsel in der Regel nicht entgegen, wenn eine Einwilligung des Heimbewohners in die Einsichtnahme der \u00fcber ihn gef\u00fchrten Pflegedokumentation durch den Sozialversicherungstr\u00e4ger vorliegt oder zumindest sein vermutetes Einverst\u00e4ndnis anzunehmen ist, soweit einer ausdr\u00fccklichen Befreiung von der Schweigepflicht Hindernisse entgegenstehen.<\/p>\n
3. Es wird regelm\u00e4\u00dfig davon auszugehen sein, dass die Offenlegung der Pflegedokumentation gegen\u00fcber dem Krankenversicherer dem mutma\u00dflichen Willen des verstorbenen Heimbewohners entspricht, wenn die Entbindung von der Schweigepflicht dem Tr\u00e4ger der gesetzlichen Krankenversicherung die Verfolgung von Schadensersatzanspr\u00fcchen wegen der Verletzung von Betreuungspflichten des Altenpflegepersonals erm\u00f6glichen soll.<\/p>\n
Die Revision gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 23. November 2011 wird auf Kosten der Beklagten zur\u00fcckgewiesen.<\/p>\n
Von Rechts wegen<\/p>\n
1. Die Kl\u00e4gerin, eine Tr\u00e4gerin der gesetzlichen Krankenversicherung, nimmt den beklagten Heimtr\u00e4ger aus \u00fcbergegangenem Recht einer bei ihr versicherten Heimbewohnerin auf Herausgabe von Kopien der Pflegedokumentation in Anspruch.<\/p>\n
2.\u00a0Die Versicherte zog sich bei einem Sturz in dem von der Beklagten betriebenen Pflegeheim am 13. April 2009 erhebliche Verletzungen zu. Wegen dieser Verletzungen wurde sie station\u00e4r in einem Krankenhaus aufgenommen und \u00e4rztlich behandelt. Sie verstarb am 4. Mai 2009. Die f\u00fcr ihre Behandlung und f\u00fcr die Krankenhauspflege entstandenen Kosten in H\u00f6he von 3.182,03 \u20ac wurden von der Kl\u00e4gerin getragen. Um die Berechtigung eventueller auf sie gem\u00e4\u00df \u00a7 116 SGB X \u00fcbergegangener Schadensersatzanspr\u00fcche pr\u00fcfen zu k\u00f6nnen, forderte die Kl\u00e4gerin die Beklagte auf, ihr Kopien der \u00fcber die Versicherte gef\u00fchrten Pflegedokumentation zu \u00fcberlassen. Die Beklagte lehnte dies ab.<\/p>\n
3.\u00a0Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgem\u00e4\u00df verurteilt, der Kl\u00e4gerin Kopien der vollst\u00e4ndigen Pflegedokumentation \u00fcber den Aufenthalt der Versicherten f\u00fcr die Zeit vom 1. Juli 2008 bis 13. April 2009 Zug um Zug gegen Erstattung angemessener Kopierkosten herauszugeben, und festgestellt, dass sich die Beklagte insoweit in Annahmeverzug befindet. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zur\u00fcckgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.<\/p>\n
I.<\/strong><\/p>\n 4.\u00a0Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Anspruch der am 4. Mai 2009 verstorbenen Versicherten auf Herausgabe von Kopien der Pflegedokumentation gem\u00e4\u00df \u00a7 116 Abs. 1 SGB X i.V.m. \u00a7 401 Abs. 1 analog, \u00a7 412 BGB auf die Kl\u00e4gerin \u00fcbergegangen. Zwar habe die Versicherte die Beklagte nicht von der Pflicht zur Verschwiegenheit entbunden. Da sich die Versicherte aufgrund ihres Ablebens mit der Einsichtnahme in die Pflegedokumentation durch die Kl\u00e4gerin nicht mehr einverstanden erkl\u00e4ren k\u00f6nne, gen\u00fcge aber ihre mutma\u00dfliche Einwilligung. Von einer solchen sei vorliegend auszugehen. Zwar komme der Wahrung des Berufsgeheimnisses der Vorrang zu, soweit von der Schweigepflicht her ernstliche Bedenken gegen eine Einsichtnahme in die Dokumentation best\u00fcnden. Aus diesem Grund habe der Heimbetreiber gewissenhaft zu pr\u00fcfen, ob Anhaltspunkte daf\u00fcr gegeben seien, dass die Verstorbene die Offenlegung der Pflegedokumentation gegen\u00fcber ihrer Krankenkasse mutma\u00dflich gebilligt haben w\u00fcrde. Hierbei sei allerdings zu ber\u00fccksichtigen, dass das Interesse des Verstorbenen an der Geheimhaltung mit seinem Tode erloschen sein k\u00f6nne und sachfremde, weil nicht von der erkennbar gewordenen oder zu vermutenden Willensrichtung des Verstorbenen gedeckte Gr\u00fcnde eine Verweigerung der Einsicht nicht rechtfertigen k\u00f6nnten. Dazu geh\u00f6re in der Regel auch die Bef\u00fcrchtung, dass durch die Einsichtnahme eigenes oder zurechenbares fremdes Verschulden aufgedeckt werden k\u00f6nne. In F\u00e4llen wie dem vorliegenden k\u00f6nne nur ausnahmsweise von einem Geheimhaltungswunsch des Heimbewohners ausgegangen werden. Der Heimbetreiber m\u00fcsse deshalb darlegen, dass und unter welchen allgemeinen Gesichtspunkten er sich durch die Schweigepflicht an der Offenbarung der Unterlagen gehindert sehe. Diesen Anforderungen gen\u00fcge der Beklagtenvortrag nicht. Die Beklagte habe lediglich eine Vielzahl grunds\u00e4tzlicher, insbesondere verfassungsrechtlicher Bedenken erhoben. Sie habe hingegen nicht dargelegt, dass sich ihre Weigerung auf konkrete oder mutma\u00dfliche Belange der Verstorbenen st\u00fctze. Die Kl\u00e4gerin habe ihr Einsichtsbegehren auch auf einen angemessenen Zeitraum vor dem Ableben begrenzt.<\/p>\n II.<\/strong><\/p>\n 5. \u00a0Diese Erw\u00e4gungen halten einer revisionsrechtlichen \u00dcberpr\u00fcfung stand. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Kl\u00e4gerin gegen die Beklagte aus \u00fcbergegangenem Recht ihrer Versicherten ein Anspruch auf Herausgabe von Kopien der diese betreffenden Pflegedokumentation f\u00fcr den geltend gemachten Zeitraum zusteht.<\/p>\n 6.\u00a01. Die Revision wendet sich nicht gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Versicherte zu Lebzeiten einen Anspruch gegen die Beklagte auf Einsicht in die \u00fcber sie gef\u00fchrte Pflegedokumentation hatte. Diese Beurteilung l\u00e4sst Rechtsfehler nicht erkennen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats steht dem Heimbewohner grunds\u00e4tzlich ein Einsichtsrecht in die ihn betreffende Pflegedokumentation als Nebenanspruch aus dem Heimvertrag zu (Senatsurteile vom 23. M\u00e4rz 2010 – VI ZR 249\/08, BGHZ 185, 74 Rn. 12; vom 23. M\u00e4rz 2010 – VI ZR 327\/08, VersR 2010, 971 Rn. 11; vgl. auch Harsdorf-Gebhardt, PflR 1999, 252 ff.; Jaeger, MedR 2010, 856; Lauterbach, NJ 2010, 347; Ro\u00dfbruch, PflR 2010, 257, 262; Schultze-Zeu, VersR 2011, 194 ff.; Schumann, WzS 2010, 261 ff.). Dieser zus\u00e4tzliche Vertragsanspruch beruht auf der Ausstrahlungswirkung des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG auf die vertragliche Beziehung zwischen Heimbewohner und Heimtr\u00e4ger (vgl. BVerfG, MedR 1993, 232; GRUR-RR 2011, 217, 218; ZUM 2011, 313 Rn. 19, jeweils mwN). Das Recht auf Selbstbestimmung und die personale W\u00fcrde des Heimbewohners gebieten es, ihm grunds\u00e4tzlich einen Anspruch einzur\u00e4umen, sich \u00fcber den Inhalt der ihn betreffenden Pflegedokumentation zu informieren. Denn die Pflegeunterlagen mit ihren Angaben \u00fcber die Pflegeanamnese, Pflegeplanung, Pflegeverlauf und \u00e4rztliche Verordnungen betreffen den Pflegebed\u00fcrftigen unmittelbar in seiner Privatsph\u00e4re (vgl. Senatsurteile vom 23. M\u00e4rz 2010 – VI ZR 249\/08, BGHZ 185, 74 Rn. 12; vom 23. M\u00e4rz 2010 – VI ZR 327\/08, VersR 2010, 971 Rn. 11; zur Einsichtnahme in Krankenunterlagen: BVerfG, MedR 1999, 180; MedR 2006, 419). Deshalb hat dieser generell ein gesch\u00fctztes Interesse daran, zu erfahren, wie mit ihm umgegangen wurde und welche Daten sich dabei ergeben haben. Zur Einsicht in die Pflegedokumentation muss er insbesondere kein besonderes Interesse darlegen; dieses ergibt sich vielmehr – wie beim Recht des Patienten auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen (vgl. Senatsurteile vom 2. Oktober 1984 – VI ZR 311\/82, VersR 1984, 1171 f.; vom 6. Dezember 1988 – VI ZR 76\/88, BGHZ 106, 146, 148; BVerfG, MedR 2006, 419) – unmittelbar aus seinem Selbstbestimmungsrecht (vgl. Kasseler Kommentar\/Kater, Sozialversicherungsrecht, \u00a7 116 SGB X Rn. 161a, (Stand: Juni 2012); Ro\u00dfbruch, PflR 2010, 257, 262; Schultze-Zeu, VersR 2011, 194, 195; a.A. Harsdorf-Gebhardt, aaO, S. 253, 256).<\/p>\n 7.\u00a02. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass der Einsichtsanspruch der Versicherten kraft Gesetzes auf die Kl\u00e4gerin \u00fcbergegangen ist.<\/p>\n 8.\u00a0a) Der erkennende Senat hat mit Urteilen vom 23. M\u00e4rz 2010 entschieden, dass der Anspruch des Pflegeheimbewohners auf Einsicht in die Pflegeunterlagen gem\u00e4\u00df \u00a7 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.V.m. \u00a7 401 Abs. 1 analog, \u00a7 412 BGB auf den – aufgrund des Schadensereignisses zu kongruenten Sozialleistungen verpflichteten – Sozialversicherungstr\u00e4ger \u00fcbergeht, wenn und soweit mit seiner Hilfe das Bestehen von Schadensersatzanspr\u00fcchen gekl\u00e4rt werden soll und die Altenpflegern obliegende Pflicht zur Verschwiegenheit einem Gl\u00e4ubigerwechsel nicht entgegensteht. Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn eine Einwilligung des Heimbewohners in die Einsichtnahme der \u00fcber ihn gef\u00fchrten Pflegedokumentation durch den Sozialversicherungstr\u00e4ger vorliegt oder zumindest sein vermutetes Einverst\u00e4ndnis anzunehmen ist, soweit einer ausdr\u00fccklichen Befreiung von der Schweigepflicht Hindernisse entgegenstehen (vgl. Senatsurteile vom 23. M\u00e4rz 2010 – VI ZR 249\/08, BGHZ 185, 74 Rn. 14 ff., und – VI ZR 327\/08, VersR 2010, 971 Rn. 13 ff.). Diese Entscheidungen haben in der Literatur weitgehend Zustimmung erfahren (vgl. Peters-Lange in jurisPK-SGB X, 2013, \u00a7 116 SGB X, Rn. 86; Kasseler Kommentar\/Kater, aaO; Didong in jurisPK-SGB V, 2. Aufl., \u00a7 294a SGB V Rn. 7; Palandt\/Gr\u00fcneberg, BGB, 72. Aufl., \u00a7 401 Rn. 4; Lauterbach, NJ 2010, 347; Ro\u00dfbruch, PflR 2010, 257 ff.; Schultze-Zeu, VersR 2011, 194 ff.; Alberts\/Human in Bergmann\/Pauge\/Steinmeyer, Gesamtes Medizinrecht, 2012, \u00a7 810 BGB Rn. 13; a.A. Pregartbauer\/Pregartbauer, VersR 2010, 973 ff.). Sie werden auch von der Revision nicht in Frage gestellt.<\/p>\n 9.\u00a0b) Die Versicherte konnte aufgrund ihres Ablebens die Beklagte bzw. die sie betreuenden Altenpfleger nicht mehr von der – sowohl aus dem Heimvertrag als auch aus \u00a7 203 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 StGB (vgl. \u00a7\u00a7 1, 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AltenpflegeG; OLG Hamm, NJW 2007, 849 Rn. 42 f.; Lenckner\/Eisele in Sch\u00f6nke\/Schr\u00f6der, StGB, 28. Aufl., \u00a7 203 Rn. 35 mwN) abzuleitenden – Pflicht zur Verschwiegenheit befreien.<\/p>\n 10.\u00a0c) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Versicherte w\u00e4re mit einer Einsichtnahme der Kl\u00e4gerin in die \u00fcber sie gef\u00fchrte Pflegedokumentation mutma\u00dflich einverstanden gewesen.<\/p>\n 11.\u00a0aa) Wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, reicht die Pflicht zur Verschwiegenheit grunds\u00e4tzlich \u00fcber den Tod des Betroffenen hinaus (vgl. \u00a7 203 Abs. 4 StGB); sie gew\u00e4hrleistet damit, dass geheimhaltungsbed\u00fcrftige Tatsachen aus seinem Lebensbereich auch nach seinem Ableben nicht oder jedenfalls nicht weiter als n\u00f6tig aufgedeckt werden (Senatsurteil vom 31. Mai 1983 – VI ZR 259\/81, VersR 1983, 834, 836; BGH, Beschluss vom 4. Juli 1984 – IVa ZB 18\/83, BGHZ 91, 392, 398). Auch nach dem Tode h\u00e4ngt es in erster Linie vom Willen des Verstorbenen ab, ob und in welchem Umfang der Geheimnistr\u00e4ger zum Schweigen verpflichtet ist. Hat der Verstorbene sich hier\u00fcber zu Lebzeiten ge\u00e4u\u00dfert, dann ist grunds\u00e4tzlich dieser Wille ma\u00dfgebend. L\u00e4sst sich dagegen eine Willens\u00e4u\u00dferung des Verstorbenen nicht feststellen, muss sein mutma\u00dflicher Wille erforscht, also gepr\u00fcft werden, ob er die Offenlegung durch den Geheimnistr\u00e4ger mutma\u00dflich gebilligt oder missbilligt haben w\u00fcrde. Dabei sind s\u00e4mtliche Umst\u00e4nde des Einzelfalls zu ber\u00fccksichtigen, insbesondere das Anliegen der Einsicht begehrenden Person sowie der Umstand, dass fr\u00fchere Geheimhaltungsw\u00fcnsche des Betroffenen infolge der durch sein Ableben ver\u00e4nderten Sachlage inzwischen \u00fcberholt sein k\u00f6nnen. Von der erkennbar gewordenen oder zu vermutenden Willensrichtung des Heimbewohners nicht gedeckte Verweigerungsgr\u00fcnde sind sachfremd und daher unbeachtlich (vgl. zum Ganzen: Senatsurteil vom 31. Mai 1983 – VI ZR 259\/81, VersR 1983, 834, 836; BGH, Beschluss vom 4. Juli 1984 – IVa ZB 18\/83, BGHZ 91, 392, 399; BayObLG, NJW 1987, 1492; VerfGH Bayern, MedR 2012, 51, 52; BAG, NJW 2010, 1222 Rn. 13; OLG M\u00fcnchen, MDR 2011, 1496; VersR 2009, 982, 983; Fellner, MDR 2011, 1452; vgl. auch \u00a7 630g Abs. 3 Satz 3 BGB in der Fassung von Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patienten und Patientinnen vom 20. Februar 2013, BGBl. I S. 277).<\/p>\n 12.\u00a0bb) Die Entscheidung, ob der Verstorbene den Heimtr\u00e4ger bzw. die ihn betreuenden Altenpfleger mutma\u00dflich von der Pflicht zur Verschwiegenheit entbunden h\u00e4tte, obliegt dem (jeweiligen) Geheimnistr\u00e4ger. Ihm kommt insoweit ein Beurteilungsspielraum zu, der durch die Gerichte nur eingeschr\u00e4nkt nachpr\u00fcfbar ist. Denn andernfalls w\u00e4re er gezwungen, das m\u00f6glicherweise schutzbed\u00fcrftige Geheimnis preiszugeben. Der Geheimnistr\u00e4ger ist deshalb zu einer gewissenhaften \u00dcberpr\u00fcfung verpflichtet, ob Anhaltspunkte daf\u00fcr bestehen, dass der Verstorbene die ganze oder teilweise Offenlegung der Pflegeunterlagen gegen\u00fcber seinen Rechtsnachfolgern mutma\u00dflich missbilligt haben w\u00fcrde. Um dem Gericht eine \u00dcberpr\u00fcfung zu erm\u00f6glichen, ob der Geheimnistr\u00e4ger den ihm zukommenden Beurteilungsspielraum eingehalten hat, hat der Geheimnistr\u00e4ger allerdings darzulegen, unter welchen allgemeinen Gesichtspunkten er sich durch die Schweigepflicht an der Offenlegung der Unterlagen gehindert sieht. Dabei gen\u00fcgt es nicht, wenn er sich nur auf grunds\u00e4tzliche Erw\u00e4gungen oder die besondere Bedeutung der Pflicht zur Verschwiegenheit beruft. Vielmehr muss er nachvollziehbar vortragen, dass sich seine Weigerung auf konkrete oder mutma\u00dfliche Belange des Verstorbenen und nicht auf sachfremde Gesichtspunkte st\u00fctzt. Die Substantiierung ist allerdings nicht in einem Umfang geschuldet, dass die damit zu rechtfertigende Geheimhaltung im Ergebnis unterlaufen w\u00fcrde (vgl. Senatsurteil vom 31. Mai 1983 – VI ZR 259\/81, VersR 1983, 834, 836; BGH, Beschluss vom 4. Juli 1984 – IVa ZB 18\/83, BGHZ 91, 392, 399 f.; BayObLG, NJW 1987, 1492, 1493; VerfGH Bayern, MedR 2012, 51, 52; OLG M\u00fcnchen, MDR 2011, 1496; VersR 2009, 982, 983; Wenzel\/M\u00fcller, Der Arzthaftungsprozess, Rn. 1637; Steffen\/Pauge, Arzthaftungsrecht, 12. Aufl. Rn. 563; Schultze-Zeu, VersR 2009, 1050, 1052; Lauterbach, NJ 2010, 347; Fellner, MDR 2011, 1452; Katzenmeier in Laufs\/Katzenmeier\/Lipp, Arztrecht, 6. Aufl., Kap. IX Rn. 19 Fn. 29, Rn. 63 ff.). Sofern die von dem Geheimnistr\u00e4ger in diesem Rahmen angef\u00fchrten Gr\u00fcnde nicht nachvollzogen werden und eine Weigerung nicht rechtfertigen k\u00f6nnen, ist von einer mutma\u00dflichen Einwilligung in die Offenlegung der Unterlagen auszugehen (vgl. BayObLG, NJW 1987, 1492, 1493; OLG M\u00fcnchen, MDR 2011, 1496; VersR 2009, 982, 983).<\/p>\n 13.\u00a0cc) In F\u00e4llen wie dem vorliegenden, in denen die Entbindung von der Schweigepflicht dem Tr\u00e4ger der gesetzlichen Krankenversicherung die Verfolgung von Schadensersatzanspr\u00fcchen wegen der Verletzung von Betreuungspflichten des Altenpflegepersonals erm\u00f6glichen soll, wird regelm\u00e4\u00dfig davon auszugehen sein, dass die Offenlegung der Unterlagen gegen\u00fcber dem Krankenversicherer dem mutma\u00dflichen Willen des verstorbenen Heimbewohners entspricht (so auch OLG M\u00fcnchen, MDR 2011, 1496; Fellner, MDR 2011, 1452, 1453; Lauterbach, NJ 2010, 347; Schultze-Zeu, VersR 2009, 1050, 1052; Steffen\/Pauge, Arzthaftungsrecht, 12. Aufl., Rn. 563; Alberts\/Human in Bergmann\/Pauge\/Steinmeyer, aaO). Es ist davon auszugehen, dass der Bewohner eines Altenpflegeheims, der im Heim zu Schaden gekommen ist, sowohl an der Aufdeckung von Pflegefehlern als auch daran interessiert ist, dass etwaige gegen den Heimtr\u00e4ger bestehende Schadensersatzanspr\u00fcche von diesem ausgeglichen werden und nicht zu Lasten der Solidargemeinschaft der Krankenversicherten gehen (vgl. OLG M\u00fcnchen, MDR 2011, 1496; Fellner, MDR 2011, 1452, 1453; Lauterbach, NJ 2010, 347). Dar\u00fcber hinaus ist zu ber\u00fccksichtigen, dass dem Tr\u00e4ger der gesetzlichen Krankenversicherung ein nicht unerheblicher Teil der in der Pflegedokumentation enthaltenen sensiblen Gesundheitsdaten seines Versicherten (\u00e4rztliche Diagnose, Behandlungsweise, Verordnungen) aufgrund der Erbringung von Leistungen bereits bekannt ist, so dass dessen Geheimhaltungsinteresse entsprechend reduziert ist (vgl. zur Daten\u00fcbermittlung von den Leistungserbringern an die Krankenkassen: \u00a7\u00a7 106, 106a Abs. 1, 3, \u00a7\u00a7 275, 277, 284, 294 ff., 301 SGB V sowie BSGE 90, 1; BSG SozR 4-2500 \u00a7 109 Nr. 16, Rn. 18 ff.; Katzenmeier in Laufs\/Katzenmeier\/Lipp, aaO, Rn. 21).<\/p>\n 14.\u00a0dd) Nach diesen Grunds\u00e4tzen ist das Berufungsgericht zu Recht von einer mutma\u00dflichen Einwilligung der Versicherten in die \u00dcberlassung von Kopien ihrer Pflegeunterlagen an die Kl\u00e4gerin ausgegangen. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen hat die Beklagte keine Tatsachen vorgetragen, die ihre ablehnende Entscheidung nachvollziehbar erscheinen lassen, sondern ihre Weigerung lediglich auf nicht ausreichende grunds\u00e4tzliche Bedenken gest\u00fctzt.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":" Dieses Urteil des 6. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes vom 26. Februar 2013 (AZ VI ZR 359\/11) bezieht sich auf den \u00dcbergang des Anspruchs des verstorbenen Pflegeheimbewohners auf Einsicht in die Pflegedokumentation auf die\u00a0Krankenversicherung zur Kl\u00e4rung von m\u00f6glichen Schadensersatzanspr\u00fcchen wegen Behandlungsfehlern. 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